8.1.1 Definition, Möglichkeiten und Funktionsweise
Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit der Geschichte von CAD-Systemen und den Möglichkeiten, die in solch einem System stecken (CAD = computer-aided design. Deutsch: rechnerunterstütztes Konstruieren oder Zeichnen am Bildschirm). Nach der Einführung der ersten Personal Computer in den 1980er-Jahren installierten die Entwicklungsabteilungen der Verpackungsindustrie auch die ersten CAD-Systeme. Diese benötigten damals noch eine spezielle Hardware und waren mit der EDV von Verwaltung oder Produktion nicht kompatibel. Der Durchbruch und der Einzug in die meisten Entwicklungsabteilungen gelang in den 1990er-Jahren, als es möglich wurde, mit CAD-Programmen auf den inzwischen leistungsfähigeren Standard-PCs zu arbeiten.
Abb. 8.1: Beispiel einer CAD-Arbeitsfläche (Quelle: Eigene Darstellung)
Es gibt eine große Anzahl von CAD-Programmen für die verschiedensten Branchen. Das erste und wohl bekannteste System ist sicher AutoCAD. AutoCAD ist ein vektororientiertes Zeichenprogramm. Es kam Ende 1982 auf den Markt und hat inzwischen viele Updates hinter sich. Inzwischen gibt es ein breites Angebot verschiedener Hersteller von CAD-Programmen speziell für den Verpackungsbereich. Durch die Verwendung dieser CAD-Programme ist es heute möglich, Konstruktionen am Bildschirm zweidimensional (2D) wie auch dreidimensional (3D) zu entwickeln und darzustellen. CAD-Programme ermöglichen am Bildschirm auch Drehungen in drei Dimensionen. So kann das entwickelte Objekt aus jedem gewünschten Winkel betrachtet werden. CAD-Programme gibt es inzwischen für alle gängigen Betriebssysteme wie Windows, Mac OS X oder Linux. In der Regel ist dazu keine spezielle Hardware erforderlich. Die Bedienung erfolgt über eine Tastatur, durch Auswahlmenüs mittels Maus oder ein Grafiktablett (externe Menüauswahl). Für besondere Aufgaben (zum Abtasten von unregelmäßigen Konturen) kann auch ein Digitiser angeschlossen werden (Digitiser = Tablett zur Erfassung unregelmäßiger Punkte auf einer Vorlage). Die Tools (Werkzeuge) eines CAD-Programms sind branchenabhängig. Auch die Arbeitsweise ist sehr unterschiedlich. Anfangs wurde über Koordinatenangaben ohne grafische Unterstützung gearbeitet. Dann folgte das linienorientierte Arbeiten wie am Reißbrett. Heute ar-beitet man mehr flächen- oder körperorientiert. Bedingt durch die Vernetzung von CAD, ERP und DTP sowie die hohen Qualitätsansprüche moderner Abpackautomaten sind die Voraussetzungen und Anforderungen bei der Erstellung von Verpackungen gestiegen.
ERP = Enterprise-Resource-Planning. Das steht für die Vernetzung aller Geschäfts- und Produktionsprozesse, die für die Durchführung eines Auftrages notwendig sind, über eine gemeinsame Software. Software-Anbieter sind hier zum Beispiel SAP, Oracle und Sage. DTP = Desktop-Publishing. Frei übersetzt steht das für grafisches Gestalten am Bildschirm mithilfe einer Software.
Da bei der Konstruktion von Verpackungen neben den Konstruktionsdaten automatisch weitere Daten anfallen, werden diese den nachfolgenden Abteilungen wie Kalkulation oder Einkauf zur Verfügung gestellt. Beispiel einer typischen Arbeitskarte aus der Verpackungsentwicklung:
Abb. 8.2: Arbeitskarte mit allen wichtigen Angaben zu einer neu konstruierten Verpackung. Alle Daten aus der Verpackungskonstruktion werden in einer Arbeitskarte zusammengefasst. Diese dient als Arbeitsgrundlage für andere Abteilun-gen in den Unternehmen. (Quelle: Eigene Darstellung)
Bei durchgängigen System-Vernetzungen geben ausgereifte Standards gewisse Parameter für Kalkulationsformeln im Hintergrund automatisch weiter. Dazu gehören zum Beispiel Leimverbrauch, Packmaße, Werkzeugkosten und vieles mehr. Um Insellösungen und unnötige Mehrarbeit durch Doppeleingaben von Daten zu vermeiden, ist die Anbindung von CAD-Systemen an ERP-Systeme (Enterprise-Resource-Planning) eine logische Weiterführung dieses Prozesses.
Die Funktionsweise eines CAD-Systems orientiert sich an Koordinaten und verwendet dazu Vektorgrafiken – diese sind aus Linien zusammengesetzt, die bestimmte Punkte in einem Koordinatensystem miteinander verbinden. Vektorgrafiken benötigen nur wenig Speicherplatz. Durch ihren logischen Aufbau sind diese Koordinatensystem miteinander verbinden. Vektorgrafiken benötigen nur wenig Speicherplatz. Durch ihren logischen Aufbau sind diese Daten leicht zu konvertieren, um damit CNC-gesteuerte Peripheriegeräte wie Drucker oder Plotter anzusteuern.
Um das Koordinatensystem im CAD und seine Wirkungsweise zu verstehen, betrachten wir nun die Achsen bei einer 2D-Konstruktion. Diese Achsen heißen „x“ = Horizontal- und „y“= Vertikal. Bei einer 3D-Konstruktion bezeichnen „x“ und „y“ die Grundfläche (Länge x Breite) und „z“ als weitere Achse die Höhe (Vertikale) eines zu konstruierenden Objektes. Die 2D-Konstruktion erfolgt in der waagerechten x- und der senkrechten y-Achse. Die 3D-Konstruktion benötigt zu-sätzlich die z-Achse. Die x- und die y-Achse beschreiben hier die Grundfläche eines Verpa-ckungsobjektes, die z-Achse zeigt dessen Höhe an. Koordinatenangaben beginnen immer mit der x-Achse, dann folgen y- und z-Achse.
Abb. 8.3: ein Koordinatenkreuz (Quelle: Eigene Darstellung)
Bei der freien Konstruktion befindet sich der O-Punkt immer an der Kreuzung der x- und y-Achsen. Bei der Koordinatenangabe unterscheidet man zwischen „direkt“ und „indirekt“.
Beispiel 1 (siehe Abb. 8.5): Es soll eine Linie diagonal vom O-Punkt 20 mm nach links und 20 mm nach unten gezeichnet werden. Dazu ist im Menü die Funktion „direkt“ auszuwählen und folgende Koordinate einzugeben:
-20 ; -20
Das Trennungszeichen kann je nach CAD-System auch ein anderes sein – zum Beispiel ein Komma oder auch ein Leerzeichen. Nach Abschluss der Eingabe stellt das Programm die Linie automatisch in den sichtbaren Bereich des Bildschirms. Soll ein Linienbeginn außerhalb des O-Punktes beginnen, benötigt man die Funktion „indirekt“.
Beispiel 2 (siehe Abb. 8.5): Es soll eine Linie „indirekt“ 20 mm rechts- und 20 mm oberhalb des O-Punktes beginnen. Dazu muss der Konstrukteur im Menü die Funktion „indirekt“ auswählen und folgende Koordinaten eingeben:
20 ; 20
Wie man sieht, kann dabei auf das Vorzeichen „+“ verzichtet werden. Das System hat nun unsere eingegebene „indirekte“ Position als aktuellen Nullpunkt angenommen, von dem aus nun weiter konstruiert werden kann.
Abb. 8.4: Koordinatenkreuz mit direkter und indirekter Position (Quelle: Eigene Darstellung)
Die aufgeführten einfachen Beispiele sollen nur grundlegend erläutern, wie CAD funktioniert. In der Regel wird der Konstrukteur heute auf Standards zurückgreifen oder einzelne Module aus einer Datenbank nutzen, um eine Verpackung zu entwerfen.
Programme können heute Standard-Verpackungen aus dem ECMA- oder FEFCO-Katalogen allein durch die Angabe der Code-Nummer, der Größe und des Materials automatisch konstruieren. Module sind eine Untergruppe der Standards und beziehen sich auf einzelne Elemente, die man zusammenstellen kann (Laschen, Fenster, Verschlüsse). Grundsätzlich besteht ein Standard aus Einzelmodulen.
ECMA = European Carton Makers Association; FEFCO = Fédération Européenne des Fabricants de Carton On-dule (Europäische Vereinigung der Wellpapphersteller). Diese Organisationen haben bestimmte Codes für Verpackungen entwickelt. Jede Code-Nummer steht für eine bestimmte Bauform. Siehe Buch 1.
Je nach Branche gibt es mehr oder weniger Hersteller von CAD-Software. Maschinenbau oder Architektur arbeiten schon länger mit CAD. Hier sind die meisten Software-Anbieter zu finden. In der Verpackungsbranche ist die Anzahl der einsetzbaren CAD-Programme hingegen überschaubar. Natürlich kann man Verpackungen auch mit gängigen Zeichenprogrammen, wie zum Beispiel Illustrator, konstruieren. Doch die Grenzen dieses Standardprogramms werden bei Sonderkonstruktionen schnell sichtbar. Ein weiteres Hemmnis: Illustrator oder vergleichbare Software „wissen“ nichts über vorhandene Standards oder Moduldatenbanken. Das hätte sehr lange Bearbeitungszeiten zur Folge. Hier eine Übersicht der gängigen CAD-Programme für die Verpackungsbranche:
• ArtiosCAD von ESKO | www.esko.com/de |
• AutoCAD von AUTODESK | www.autodesk.de |
• packedia von DVS | www.dvserp.de |
• VPACK von ERPA | www.erpa.de |
Die Reihenfolge ist alphabetisch ohne Wertung sortiert. Das Anforderungsprofil der Nutzer ist so vielfältig und unterschiedlich, dass es kein „bestes“ CAD-Programm für jeden Anwender gibt. Anders als im Maschinenbau oder der Architektur gibt es in der Verpackungsindustrie nur vergleichsweise wenige CAD-Programme. Die Halbwertzeit von CAD-Programmen ist sehr kurz, und es kommen laufend neue Entwicklungen oder Module hinzu. Darum ist eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Programme nicht sinnvoll. Interessenten erfahren im Detail mehr unter den beigefügten Internet-Adressen.
Ein CAD-Programm muss vom Handling und seinen modularen Bestandteilen zum jeweiligen Betrieb passen. Überflüssige Module verschwenden unter Umständen Geld und Speicherplatz. Die Auswahl des „richtigen“ CAD-Programms hängt weitgehend davon ab, wofür es benötigt wird. Das lässt am besten ermitteln über ein „Pflichtenheft“ beziehungsweise ein „Anforderungsprofil“, in dem gelistet wird, was das Programm können sollte. Augenmerk sollte auf das Handling, die Logik von Befehlen, den modularen Aufbau und brauchbare Standards gelegt werden. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass ein umfassendes Programm standardmäßig sehr viele Module enthalten kann, die ungenutzt nur Speicherplatz belegen und zum anderen auch kostenintensiv sein können. Bei komplexen Programmen darf auch der Schulungsbedarf nicht unterschätzt werden.
Wenn sich ein größerer Betrieb mit 200 Mitarbeitern ein High End-Programm zulegt, kann das unter Umständen sinnvoll sein. Wird dieses System mit der betriebsinternen SAP-Plattform verbunden, um der Verwaltung oder dem Einkauf Zugriff auf die Konstruktionsdaten zu ermöglichen, so rechnen sich die Mehrausgaben dank der Rationalisierungsvorteile sehr schnell. Werden die Möglichkeiten einer 3D-Animation für die Unternehmens-Homepage genutzt oder wird daraus automatisch Werbematerial für den Vertrieb erstellt, so ist auch hier eine die Investition in eine aufwändigere CAD-Software sinnvoll. Für Kleinunternehmen, die nur ab und zu eine Konstruktion erstellen oder ein Muster ausplotten, rechnet sich das eher nicht. Im nächsten Schritt geht es darum, wie Betriebe anhand eines Pflichtenheftes ihr Anforderungsprofil an eine Software erstellen und danach die Entscheidung für die Beschaffung fällen. Ein Pflichtenheft ist eine Auflistung von Leistungsmerkmalen: Welche Ausstattung sollte die Software haben? Wie einfach sollte sie zu bedienen sein? Und wie steht all das im Verhältnis zum Preis? Hier ein beispielhaftes Anforderungsprofil in einem Pflichtenheft: Alle Punkte sollten zugleich mit „sehr wichtig“, „wichtig“ und „optional“ gewichtet werden. Tipp für das Anforderungsprofil: Alle Punkte auflisten, die das System können muss oder sollte. Im Anschluss dann nach Wichtigkeit bewerten. Es erleichtert die Auswahl, mehrere Systeme nach einem solchen Kriterienkatalog zu vergleichen.
• Standards FEFCO
• Module FEFCO
• Standards ECMA
• Module ECMA
• Übersichtlichkeit Menü
• Bedienung über Tastatur und Maus
• Anschlussmöglichkeit für Peripheriegeräte (Drucker, Zeichen-, Schnei-deplotter, Digitiser)
• Modularer Aufbau (es wird nur gekauft, was benötigt wird)
• Anbindung zu betrieblichen ERP-Systemen (zum Beispiel SAP, Oracle)
• Erstellen von Präsentationen in 3D
• Lizenz pro Arbeitsplatz
• Service (Kosten und Umfang)
• Update (Kosten)
Um einen Überblick zu erhalten, werden die Punkte aus dem Pflichtenheft mit den Leistungen verschiedener CAD-Programme in einer Tabelle gelistet, bewertet und verglichen. Die nachfolgende Abbildung zeigt einen möglichen Aufbau dieser Auswertungstabelle. Grundlage der Bewertung ist ein mittelständischer Betrieb mit 80 Mitarbeitern, der vorwiegend Displays aus Welle für den Süßwarenmarkt fertigt. In der Tabelle des Anforderungsprofils sind den einzelnen Anforderungen Wertigkeiten zugewiesen – von „sehr wichtig“ über „wichtig“ bis „optional“. Je wichtiger eine Anforderung ist, umso höher ist die damit verbundene Punktzahl.
Benötigt ein Unternehmen zum Beispiel Standards aus dem ECMA-Katalog weniger oder gar nicht, so erhält diese Anforderung nur ein „wichtig“ oder „optional“. Hat ein Anbieter einen umfassenden und optimalen ECMA-Standardkatalog in seiner Software integriert und rangiert dieser Punkt im Pfichtenheft nur unter „wichtig“ oder „optional“, so erhält er nur Punktzahlen von 10 bis 29. Die schwächste Bewertungsstufe „optional“ wird für Eigenschaften ausgewählt, die für die Arbeit nicht zwingend erforderlich sind, aber weitere Möglichkeiten erschließen können.
Abb. 8.5: Pflichtenheft mit Bewertung der einzelnen Anforderungen (Quelle: Eigene Darstellung)
Abbildung 8.6 zeigt, wie sich die verschiedenen Systeme aus Sicht der Interessenten und ihrer Anforderungen „schlagen“. Die Punktzahlen werden am Ende des Bewertungsprozesses zu einer Gesamtbenotung addiert.
Ein in drei Bedarfsklassen gegliedertes Punktesystem ermöglicht in der Gesamtschau eine fundierte Entscheidung, welches CAD-System am besten geeignet für das jeweilige Unternehmen ist. Wichtig: Vor der Benotung muss Klarheit darüber geschaffen werden, welche Aufgaben das CAD-System erfüllen muss. Nur dann ist die Analyse auch treffsicher.
Abb. 8.6: Pflichtenheft CAD-Auswertungstabelle (Quelle: Eigene Darstellung)
Zur Erklärung der Punktvergabe sehen wir uns in der Abbildung 8.7 die erste Zeile der Tabelle „AUTODESK“ etwas näher an. Die „Standards FEFCO“ waren zuvor im Pflichtenheft als eine sehr wichtige Anforderung festgelegt worden. Die Anforderung „sehr wichtig“ ist mit einer Spanne von 30 bis 39 Punkten bewertet. Wenn AUTO-DESK bei dieser Anforderung nur 30 von möglichen 39 Punkten erhält, so kann das bedeuten, dass keine Standards aus dem FEFCO-Katalog in der Software integriert sind. Es kann aber auch heißen, dass die Standards nicht der DIN entsprechen und somit nur eingeschränkt einsetzbar sind. Die angegebenen Bewertungen und der Notenschlüssel im vorangegangenen Beispiel sind rein fiktiv und sollen nur der Erklärung dienen. In der Praxis ist ein Pflichtenheft natürlich viel umfangreicher. Die Art und Weise der Wertung und der Notenschlüssel wird auch je nach Unternehmen und Anforderung unterschiedlich sein.
Aufgabe
Erstellen Sie ein Pflichtenheft für die Auswahl eines CAD-Programms. Verwenden Sie dazu die Beschreibung der Leistungsmerkmale der Anbieter (siehe Link-Liste von Anbietern zu Beginn von Kapitel 8.1.2 Marktübersicht: Hersteller von Branchensoftware). Ihr Entscheidungsfall: Ihr Unternehmen hat 40 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von 3 Mio. €. Es werden hauptsächlich Displays aus Wellpappe produziert. Das CAD-Programm ist eine Insellösung, es gibt im Betrieb keine Plattform zur Steuerung von Geschäfts- oder Produktionsprozessen (ERP). Das CAD-Programm soll über Standards aus dem FEFCO-Katalog verfügen und in der Lage sein, einen einfachen Schneideplotter anzusteuern, um gelegentlich Muster zu schneiden. Der Außendienst soll mit Präsentationsmaterial in Form von 3D-Zeichnungen unterstützt werden. Der CAD-Arbeitsplatz wird bei Bedarf nur von zwei Packmitteltechnologen aus der Produktion benutzt.
Bei der Konstruktion von Standardverpackungen kann in der Regel auf Designbibliotheken zurückgegriffen werden (Designbibliotheken = fertige Konstruktionen, die im Programm hinterlegt sind).
• ECMA (European CartonMakers Association) für Verpackungen aus Karton und
• FEFCO (European Federation of Corrugated Board Manufacturers) für Verpackungen aus Welle.
In diesen Bibliotheken (Bibliothek = Sammlung verschiedener Laschen) sind sowohl Bausteine verschiedener Konstruktionselemente wie auch fertige Konstruktionen hinterlegt. Diese können durch die Eingabe der Code-Nr. und der A/B/H Maße aufgerufen oder auch miteinander kombiniert werden. Abbildung 8.7 zeigt an einem einfachen Beispiel, wie eine Bibliothek oder ein Standard (Standard = Sammlung aus verschiedenen Konstruktionen, die aus den verschiedenen Laschen einer Bibliothek zusammengesetzt wurden) aufgebaut ist. Eine Standardkonstruktion besteht aus einem Body und verschiedenen Laschen. Die Machart einer Konstruktion wird durch die ECMA- oder FEFCO-Nummer festgelegt. Je nach Konstruktionstyp bekommt ein Body zum Beispiel die Lasche „T1a“, „T1b“, „Glue 1“ oder „Glue 2“.
Abb. 8.7: Modularer Aufbau ECMA A11.20.01.01 (Quelle: Eigene Darstellung)
Neben den mit der Software mitgelieferten Standards für die vollautomatische Konstruktion kann der Entwickler auch eigene Standards schreiben und so nach seinen eigenen Erfahrungen werkstoffbezogene Parameter, wie zum Beispiel Zugaben, als Funktion der Materialdicke oder des Gewichtes, einbringen. Beispiel für Parameter/Einflussgröße: Durch Änderung der Materialdicke ändert sich auch das Versatzmaß.
Die Möglichkeit der Definition und Speicherung von verschiedenen Bausteinen gestattet es, immer wiederkehrende Formen einmal festzulegen und dann bei Bedarf wieder aufzurufen. Dabei können solche Bausteine 1:1 übernommen oder auch erst im Zuge der Konstruktion auf das gewünschte Maß gebracht werden. Eine Zusatzeinrichtung ermöglicht es, nicht definierte Figuren oder komplizierte Zuschnitte von einer Zeichnung mit einem Digitiser abzutasten und direkt in die Konstruktion einzugeben. Diesen Vorgang nennt man „Digitalisieren“.
Wenn die Daten im CAD-Programm erst einmal erfasst sind, kann die Konstruktion am Bildschirm aus allen Perspektiven angeschaut, verschoben oder auf andere Weise verändert werden. Zugleich liefert das Programm auch für andere Betriebsbereiche die erforderlichen Daten. Im CAD konstruierte Details können ausgeschnitten, kopiert, gespiegelt, gedreht, verschoben und formatiert werden, ohne die grundlegende Zeichnung zu verändern.
Die Konstruktion kann in mehrere Ebenen oder Sektionen aufgebaut werden. Ebenen oder Sektionen sind wie transparente Folien zu verstehen, die einzelne Konstruktionsbereiche aufnehmen und gemeinsam die endgültige Konstruktion darstellen. Jede Ebene kann geändert werden, ohne die anderen Ebenen zu beeinflussen. Bei der Arbeit mit CAD-Systemen ist es sehr einfach, die Konstruktionsdaten im gewünschten Datenformat für nachfolgende Arbeitsgänge wie Kalkulation, Druckvorstufe oder Stanzformenbau bereitzustellen.
Im Folgenden soll die grundlegende Funktionsweise eines Programmbefehls an einem Beispiel beschrieben werden. Je nach System und Programmiersprache werden sich die Befehle und Zeichen natürlich unterscheiden. Das Beispiel soll zur Veranschaulichung nur einen kurzen Programmabschnitt zeigen.
Typ : Faltschachtel Box A11.20.01.01 mit oder ohne Magazinschlitze
# -------------------------------------------------------------------------
# Kontrolle, ob Maß „A“, „B“ oder das „H“-Maß unterschritten wird.
#
"Wenn A kleiner 15 mm, B kleiner 15 mm und H kleiner 10 mm ist, wird die Konstruktion mit exit abgebrochen“
%Y{if(A<15||B<15||H<15)[print "%162";exit]}
"Abfrage auf zusätzlichen Optionen und Art der Lasche. Wird bei Antwort 4 (Magazinschlitze) „1“ ausgewählt, (1 ist nein) kommt [flag=2] eine Seitenlasche ohne Magazinschlitze zum Einsatz"
%Y{askif antw1 0 "%336"} # Vermassung j/n
%Y{askif antw2 0 "%112"} # Matrize j/n
%Y{askif antw3 0 "%761"} # Aendern der Konstanten
%Y{askif antw4 0 "%766"} # Magazinschlitze j/n
%Y{if (antw4==1)[flag=2]}
"Programmzeile zur Festlegung der Länge einer Seitenlasche. Grundformel (e+f+x)/2 mit den Parametern, dass die Lasche „g“ mindestens 12 mm und maximal 30 mm sein darf. Parameter = Festlegung von Maßen, denen die Werte entsprechen müssen."
%Y{g=(e+f+x)/2}
%Y{if(g<12/fact)g=12/fact}
%Y{if(g>30/fact)g=30/fact}
Nach der Beantwortung aller im Menü gestellten Abfragen wird die Konstruktion automatisch erstellt.
Die folgenden Tabellen geben einen Einblick darüber, wieviele Parameter notwendig sind, um eine Standardfaltschachtel zu beschreiben, d.h. zum Aufruf einer Konstruktion aus der Bibliothek.
Abb. 8.8: Tabellen zur Errechnung der Variablen (Quelle: Eigene Darstellung)
Um die Zuordnung der einzelnen Parameter zu erleichtern, sind diese in der folgenden Grafik erläutert.
Abb. 8.9: Bezeichnung der Parameter und Variablen (Quelle: Eigene Darstellung)
A = Länge
B = Breite
H = Höhe
C = Klebelasche
e = Deckel
g = Seitenklappe
r = Radius
f = Einstecklasche
y = Verriegelungsschlitz
w = Einzugsmaß
z = Verriegelungssteg
v = Versatzmaß
x = Versatzmaß
d = Materialdicke
Inzwischen ist es bei den gängigen CAD-Systemen auch möglich während der Konstruktion von Laschen oder Standards diese aufzuzeichnen, mit Parametern zu versehen und dann als Standard abzuspeichern. Je nach Konstruktionstyp kommen noch weitere Parameter und Variablen zum Einsatz. Die computergestützte Packmittelentwicklung mit den entsprechenden Standard-Programmen hat die verfügbare kreative Zeit verlängert. Sie hat jedoch – bedingt durch die zur Verfügung stehenden Daten – auch mehr Verwaltungsaufgaben und Dienstleistungen in die Entwicklungsabteilungen gebracht.
Durch die im Programm und den Standards hinterlegten Vorgaben und Tabellen ist es heute innerhalb weniger Minuten möglich, eine neue Standardverpackung zu entwerfen, diese zu dokumentieren und Muster zu schneiden. In der Eingabemaske der CAD-Software sind dazu in der Regel nur wenige Daten einzutragen. Neben den kundenspezifischen Angaben, wie Kunde oder Kundennummer, werden noch die technischen Angaben zur Konstruktion benötigt. Dazu zählen: Konstruktionsnummer, ECMA-Code, A/B/H-Maße, Materialdicke oder g/m², Materialqualität und Faserlauf.
Zusätzliche Angaben für die Dokumentation oder für nachfolgende Abteilungen (zum Beispiel Kalkulation) können je nach Anforderung unter anderem auch Gewicht und Fläche der Konstruktion, das offene Format, das verklebte Format, die Nutzeneinteilung, das Bogenformat, Abfall in Prozent, der Name des Entwicklers und das Datum der Erstellung ausgegeben werden. Mit entsprechender Software ist es möglich, Bilder und / oder Texte auf die Kontur aufzulegen und im 3D-Modus auf Passgenauigkeit zu überprüfen.
Die erstellten 3D-Modelle können dem Kunden zur Ansicht per Mail übermittelt werden. 3D-Darstellungen werden zunehmend nicht nur zur Kundenpräsentation, sondern auch zur Funktionsprüfung verwendet. 3D-Darstellungen sind hervorragend für die Kundenpräsentation einer neuen Verpackung geeignet. Sie leisten aber auch wertvolle interne Dienste, weil sie im Vorfeld bereits Konstruktionsfehler sichtbar machen.
Abb. 8.10: Prüfung Farbübergang (Quelle: Eigene Darstellung)
Abb. 8.11: Fehlerhafte Überfüllung. (Überfüllung = die Farbe wird so weit über die Schnitt- oder Biegekanten geführt, bis keine Farblücken mehr zu sehen sind.) (Quelle: Eigene Darstellung)
Bei aufwändigen Konstruktionen und anspruchsvollem Druckbild kann mittels eines Faltmoduls auch ein Bild- oder Farbübergang digital überprüft werden. Schon vor dem Druckgang kann so geprüft werden, ob eine falsche oder fehlende Überfüllung vorliegt. Dies kann damit bereits im Vorfeld korrigiert werden.
8.2.1 Marktübersicht
Bei den Herstellern von Plottern gibt es eine große Bandbreite und die unterschiedlichsten Anwendungsgebiete. Die zu bearbeitenden Materialien reichen von Folie über Karton, Stoff, Kork, Gummi und Holz bis zu Metall. Die Bauweise eines Plotters richtet sich nach dem zu bearbeitenden Material. Plotter arbeiten je nach Material, das bearbeitet werden soll, mit Wasserstrahl, Laser oder auch mit Messerschnitt. Das ist die in der Verpackungsindustrie häufigste Methode. Wird bei der Bearbeitung von Folie, Karton oder Wellpappe überwiegend mit Messerschnitt gearbeitet, so kommt bei Holz und Metall Laser oder Wasserstrahl zum Einsatz. Die folgenden gelisteten Anbieter sind unter anderem auch in der Verpackungsindustrie bekannt. Das Listing ist alphabetisch und stellt keine Bewertung dar. Die Entscheidung für die Auswahl eines Plotters ist von seinem Aufgabengebiet abhängig.
ARISTO | www.aristo.de |
DYSS | www.dyss.com |
ELCEDE | www.elcede.com |
ESKO KONGSBERG | www.esko.com |
LASERCOMB | www.lasercomb.de |
ROLAND | www.rolanddg.de |
ZÜND | www.zund.com |
Man unterscheidet grundlegend zwischen Rollen- oder Flachbettplotter. Rollenplotter werden überwiegend bei der Arbeit mit Papier und Folien eingesetzt.
Mit Flachbettplottern können neben Papier und Folie je nach Bauweise auch steife und harte Materialien bearbeitet werden.
Moderne Rollenplotter beherrschen neben dem Zeichnen und Schneiden auch das Drucken (print and cut). Zum Zeichnen kommen in der Regel Faserschreiber oder Gasdruckminen zum Einsatz. Zum Schneiden werden Schleppmesser, aber inzwischen auch Tangentialmesser verwendet.
Bei einem Schleppmesser befindet sich die Schneidenspitze nicht in der Achsenmitte. Plottet man die gewünschten Konturen, wird das Messer hinterher gezogen (geschleppt). Bei Schneideplottern mit Tangentialmessern führt ein eigener Motor das Messer in jeder Kurve im entsprechenden Winkel mit. So lassen sich stärkere und dickere Materialien genauer verarbeiten.
Ein Flachbettplotter hat neben den Möglichkeiten des Rollenplotters noch weitere Funktionen und Werkzeuge. Für die exakte Erstellung von Mustern aus Karton benötigt man eine Matrize, um die Rillnuten ausprägen zu können. Die Rillnuten werden vor dem Schneiden der Muster mit einem Fräser in eine dünne Holz- oder Kunststoffplatte eingefräst. Nach dem Fräsen wird mit dem Rillrad das Material in die ausgefräste Nut gedrückt. Mit einem oszillierenden Messer wird dann das Produkt aus dem Material geschnitten. Oszillieren = Schwingen. Kommt vom lateinischen oscillare, schaukeln. Im Gegensatz zu einem Schleppmesser arbeitet ein oszillierendes Tangentialmesser ähnlich wie die Nadel einer Nähmaschine.
Schneideplotter mit tangential gesteuerten Messern besitzen einen wesentlich aufwendigeren Schneidekopf als ein Schleppmesser. Ein eigener Motor führt das Messer in jeder Kurve im entsprechenden Winkel mit. In spitzen Winkeln wird das Messer angehoben, gedreht und wieder abgesetzt. Der Vorteil des Tangentialmessers liegt in seinen vielfältigeren Einsatzgebieten. Die Messer lassen mehr Spielraum bei der Gestaltung der Schneidengeometrie zu, so dass stärkere und dickere Materialien wesentlich genauer verarbeitet werden können als mit Schleppmessern.
8.2.2 Zeichnungs- und Plotterwerkzeuge (Quelle: Eigene Darstellung)
Rollenplotter arbeiten – wie der Name schon sagt – mit Rollen, die das zu bearbeitende Material auf der x- Achse bewegen. Auf der y-Achse läuft auf einer Schiene ein Wagen mit dem Werkzeugkopf über das zu bearbeitende Material. In einem Werkzeugkopf können Faserschreiber, Messer, Rillräder und Fräser integriert sein. Rollenplotter haben einen geringen Platzbedarf und werden überwiegend als Zeichenplotter oder Schneideplotter für Folien oder Etiketten eingesetzt. Rollenplotter besitzen zum Schneiden standardmäßig Schleppmesser, die frei drehend auf einem Messerkopf sitzen. Das Messer wird dabei durch den Zug des Schneidekopfes in die Schneiderichtung gezogen. Zum Zeichnen werden in der Regel Faserschreiber oder auch Gasdruckminen verwendet. Ein Elektromagnet im Werzeugkopf senkt den Stift oder das Messer erst dann auf das Material, wenn gezeichnet oder geschnitten werden soll. Eine Mechanik erlaubt das Anfertigen mehrfarbiger Zeichnungen, indem sich der Werkzeugkopf aus einem Depot die dort vorgehaltenen verschiedenfarbigen Stifte holt. Ein Rollenplotter hat 2 Achsen (x und y). Die „x-Achse“ bekommt ihren Vortrieb durch die Bewegung des Wagens mit dem Werkezugkopf in + oder - Richtung. Die Materialfixierung geschieht in der Regel durch Anpressrollen.
Abb. 8.13: Rollenplotter (Quelle: Eigene Darstellung)
Bei den Flachbettplottern werden unterschiedliche Trennverfahren angeboten. Neben dem Messerschnitt sind auch Laserschnitt oder Wasserstrahlschnitt möglich. Die Achsen verlaufen wie beim Rollenplotter, allerdings wird bei der x-Achse nicht das Material, sondern der Werzeugkopf über eine weitere Schiene bewegt. Der Flachbettplotter verfügt noch über eine weitere Achse „z“ (vertikale Achse) – darüber kann die Eintauchtiefe der Werkzeuge eingestellt werden.
Abb. 8.14: Flachbettplotter (Quelle: Eigene Darstellung)
Neben Messern kommen in der Verpackungsindustrie auch Plotter mit CO2-Lasern und mit Wasserstrahl zum Einsatz. Beim Laserplotter wird das Messer des Schneidplotters durch eine Optik ersetzt, die einen Laserstrahl auf das zu bearbeitende Material lenkt. Vorteil des Laserschneiders ist, dass der Schnitt belastungsfrei für das Material durchgeführt wird – somit können auch sehr feine Konturen geschnitten werden. Üblicherweise werden in diesen Systemen CO2-Laser eingesetzt. Laserplotter kommen in der Regel im Werkzeugbau (Stanzform) und in der Wellpappe zum Einsatz.
Beim Wasserstrahlschneiden wird der Werkstoff mit einem feinen Wasserstrahl mit bis zu dreifacher Schallgeschwindigkeit geschnitten. Hierbei kann ein Strahldurchmesser von bis zu 0,06 mm erzeugt werden. Dadurch lassen sich feinste Schnitte in den verschiedensten Materialien herstellen. In der Verpackungsindustrie findet der Wasserstrahlschnitt zum Beispiel im Stanzformenbau Verwendung (Auswerfermaterial wie Gummi oder Schaumstoff in der Stanzform).
Beim Flachbettplotter mit Messerschnitt erfolgt die Materialfixierung entweder durch elektrostatische Anziehung, durch Erzeugung eines Vakuums unter dem Material oder mechanisch über Klammern bezie-hungsweise Klebestreifen.
8.3.1 Ausschießregeln
Mit modernen CAD-Programmen können auch Nutzenanordnungen (Nutzeneinteilungen) für Standard-Faltschachteln vollautomatisch erstellt werden (zum Beispiel ECMA A20.20.03.01 oder FEFCO 0211). Dazu müssen im Abfragemenü nur das Maschinenformat und die Auflage (Stückzahl der Bestellung) eingetragen werden. In einem weiteren Schritt listet das System nun verschiedene Vorschläge mit Angabe von Bogengröße und Abfall auf. Es liegt nun in der Entscheidung des Entwicklers, welche Variante zum Einsatz kommt.
Bei Sonderkonstruktionen zeigen sich allerdings schnell die Grenzen einer Automatisierung, hier sind für eine optimale Bogenausnutzung nach wie vor Sachverstand und logisches Denkvermögen gefragt. Bei der Nutzeneinteilung sind für eine optimale Produktion unter anderem folgende Regeln einzuhalten:
a) Bei Farbverläufen ist zu prüfen, ob die Nutzen Schnitt an Schnitt gestellt werden können oder ob die Gefahr von Farbanschnitten beim Stanzen besteht.
Abb. 8.15: Fehler Farbanschnitt (Quelle: Eigene Darstellung)
Abb. 8.16: sicherer Farbübergang (Quelle: Eigene Darstellung)
b) Die Nutzen sind so anzuordnen, dass keine später sichtbaren Schnittlinien der konfektionierten Verpackung an der Greiferkante anliegen. Die Einzelnutzen werden durch Stanzbrücken zusammen gehalten. Stanzbrücken sind Stellen in der Schneide eines Bandstahles, wo das Material nicht geschnitten wird. An der Greiferkante treten in der Stanzmaschine hohe Zugkräfte auf, die mit breiteren- oder einer größeren Anzahl von Stanzbrücken ausgeglichen werden müssen.
Abb. 8.17: Stanzbrücken (Quelle: Eigene Darstellung)
Die Anzahl und die Breite der Stanzbrücken hängen von der Materialqualität, dem Materialgewicht pro cm² und der Dicke des Materials ab.
c) Bei schweren Materialien >400 gm² ist darauf zu achten, dass der Bogen in Schmalbahn angelegt wird, um den Biegewiderstand in der Druckmaschine so gering wie möglich zu halten. Bei einem Bogenaufbau in Breitbahn entstehen durch das Biegen über die Zylinder in der Druckmaschine mechanische Widerstände, die die Qualität des Druckes und die Produktionsgeschwindigkeit negativ beeinflussen können. Eine Ausnahme besteht hier nur beim Siebdruck. Somit ist schon bei der Nutzenanordnung darauf zu achten, dass von einem Bogen in Schmalbahn auszugehen ist und die Nutzen entsprechend ihrer Anforderung auf dem Bogen gedreht werden.
Bei Wellpappe entsteht diese Problematik nicht, da dort meist im Flexodruck vom Zylinder auf die flachliegende Welle gedruckt wird oder die Bedruckung über eine Kaschierung erfolgt. Kaschierung = Verbindung von zwei Materialien durch eine vollflächige Verklebung.
Abb. 8.18: Drucken vom Zylinder auf flachliegendes Material (Quelle: Eigene Darstellung)
Während die Nutzenanordnung bei Standardschachteln in der Regel über die CAD-Software abgerufen werden kann, ist bei Sonderkonstruktionen der Faserlaufrichtung besondere Beachtung zu schenken, da diese meist manuell angeordnet werden muß. In unserem Beispiel, handelt es sich um einen Verkaufsaufsteller mit langer Einstecklasche. Als Material kommt ein 500 g/m² GD2 zum Einsatz. Bei GD2-Karton handelt es sich um einen gestrichenen Chromoduplexkarton mit sehr hohem Altpapieranteil. Die obere Lage unter dem Strich ist holzfrei weiß. Die mittlere sowie untere Lage sind grau.
Abb. 8.19: Variante 1 Faserlauf (Quelle: Eigene Darstellung)
Abb. 8.20: Variante 2 Faserlauf (Quelle: Eigene Darstellung)
Breitbahn oder Schmalbahn? Das muss wohlüberlegt sein, denn die unterschiedliche Faserlaufrichtung wirkt sich auf die spätere Biegesteifigkeit und auch das Aussehen einer Verpackung aus.
Bei der Variante 1 tritt beim Druck bedingt durch die Breitbahn ein hoher Biegewiderstand auf. Beim Stanzen müssen viele Stanzbrücken im Bereich der später sichtbaren Schneidlinien eingefräst werden, was optisch negativ auffällt.
Variante 2 hat durch den Aufbau in Schmalbahn eine geringere Biegesteifigkeit. Die meisten Stanzbrücken können an später nicht sichtbaren Schneidlinien eingefräst werden. Neben den zwei gezeigten Varianten sind natürlich noch weitere Möglichkeiten vorstellbar.
Die meisten Programme, mit denen in der Druckvorstufe gearbeitet wird, ermöglichen auch eine Nutzenanordnung. Dazu werden der Druckvorstufe die CAD-Daten als PDF bereitgestellt. In der Regel ist die Nutzenanordnung aber Aufgabe der Entwicklungsabteilung, da speziell bei Sonderkonstruktionen Fachwissen aus der Weiterverarbeitung notwendig ist.
CAD-Programme für die Verpackungsbranche beherrschen standardmäßig die automatische Anordnung und Berechnung von Nutzen. Sie können auch andere Daten ausgeben, wie zum Beispiel die erforderliche Länge des Bandstahls für die Stanzform. Das ist wichtig für die Kalkulation.
Bei aktueller CAD-Software ist die Nutzenberechnung im Basisprogramm enthalten oder sie wird als Zusatzmodul angeboten. Um das Modul nutzen zu können, müssen die Maschinenformate der Druck- und Stanzmaschinen hinterlegt sein. Die Software bietet danach eine automatische und eine manuelle Nutzenberechnung an.
Bei der automatischen Nutzenberechnung wird abgefragt, ob zwischen den Nutzen ein Zwischenschnitt (Abstand zwischen den Nutzen) angebracht werden soll und wie breit dieser sein muss. Danach listet die Software verschiedene Vorschläge auf und gibt dazu auch den anfallenden Abfall in Prozent an. Nach der Auswahl erstellt die Software automatisch die Nutzenanordnung, die dann an den Stanzformbauer übermittelt wird.
Neben den Konstruktionsdaten können über eine CAD-Software auch noch weitere Daten ausgegeben werden. Unter anderem sind das zum Beispiel die Länge des Bandstahls in Meter für die Kalkulation der Stanzform, die Fläche in cm² eines Nutzens oder des gesamten Bogens, um das Material bestellen zu können. Die Software kann auch das Gewicht eines Nutzens ausgeben, um die Transportkosten berechnen zu können.
Stücklisten finden vorwiegend in Verpackungskonstruktion aus Wellpappe sowie bei der Faltschachtel Verwendung. Wenn eine Konstruktion aus mehreren Teilen besteht – wie zum Beispiel bei einem Verkaufsständer –, so muss klar deklariert werden, aus wieviel Teilen die komplette Konstruktion besteht. Das wird in der Regel über eine Stückliste dargestellt.
Nachfolgend eine typische Stückliste für einen Verkaufsständer, der acht verschiedene Sorten von Schokoladentafeln präsentieren soll. Er besteht aus zwölf Teilen.
Verkaufsständer
Body | Konstruktion Nr. 23558-1 | Stückzahl 1 |
Einhängetablett | Konstruktion Nr. 23558-2 | Stückzahl 3 |
Trays | Konstruktion Nr. 23558-3 | Stückzahl 8 |
Durch eine Stückliste wird sichergestellt, dass bei einer mehrteiligen Konstruktion alle Teile in der richtigen Menge produziert werden.
Bei den Material- und Werkzeugkosten unterscheidet man zwischen den kalkulierbaren auftragsbezogenen Kosten und den Kosten für notwendige zusätzliche Arbeitsmittel, die nicht direkt berechnet werden. Diese Arbeitsmittel werden in der Regel pauschal jedem Auftrag belastet.
Kalkulierbare Kosten:
Materialien: Folie, Papier, Vollpappe, Wellpappe, Farbe, Lack, Klebstoff.
Werkzeuge: Stanzwerkzeug, Ausbrechwerkzeug, Matrizen, Prägestempel, Blindenschrift, Stanzeisen, Druckplatten, Klischee.
Pauschale Kosten: zum Beispiel Klebeband, Reinigungstücher, Putzmittel und so weiter.