6.2.1 Schneiden

6.2.1.1 Messerschnittprinzip – Einführung

Das Schneiden mit dem Messer und das Schneiden mit der Schere sind die ursprünglichen Methoden des Schneidens. Das Messerschnittprinzip zeichnet sich dadurch aus, dass das Messer durch das Material gedrückt wird (Druckschnitt, Keilschnitt). Das Messer drückt gegen eine Schneidunterlage, die fest in der Maschine fixiert ist, oder auch gegen eine rotierende Unterlage.


Abb. 6.2.1: Messerschnitt gegen Unterlage (unterschiedlich geformte Schneidlinien) (Quelle: Eigene Darstellung)

Schnellschneider – Planschneider
Der Planschneider arbeitet nach dem Prinzip „Messerschnitt“. Neben dem Zuschneiden von bedruckten oder unbedruckten Papier-, Pappe-, Kartonbogenstapeln auf das richtige Format der Weiterverarbeitungs-maschine wird der Schnellschneider (Planschneider) im Verpackungs-bereich hauptsächlich für das maßhaltige Schneiden von Etiketten, Einlagen sowie im Werbemittelbereich zum Vereinzeln von Flyern, Post-arten und Visitenkarten eingesetzt. Bei einem Beschneiden von vorhandenen Formaten ist ein genauer Winkelschnitt notwendig. Zudem müssen die Maße auf Bruchteile von Millimetern genau eingehalten werden. Mit dieser Maschine kann das erreicht werden. Man kann damit Schneidgut aus Papier, Karton, Pappe, Metall und Kunststoff-Folien, aber auch Textilien, Gummi, Leder und anderes mehr schneiden. Diese Maschine ist ausschließlich als „Querschneider“ einzusetzen.


Abb. 6.2.2: Schnellschneider – Planschneider. Im Schnellschneider wird das Messer schwingend schräg durch das Schneidgut gezogen, um die Belastung der Konstruktion zu reduzieren. (Quelle: POLAR-Mohr)

Hier gibt es ein interaktives Lernprogramm zum Planschneider.

Die Messeraufnahme
Die starre Konstruktion verhindert weitgehend, dass sich das am Schnellschneider befestigte Messer verbiegt. Es wird im Maschinengestell in Gleitbahnen leicht beweglich, aber spielfrei so geführt, dass das Messer die Schwingschnittbewegung ausführt.
Das Messer wird bei dieser Konstruktion schwingend schräg durch das Schneidgut gezogen. Es tritt nicht auf der gesamten Schnittlinie parallel in das Schneidgut ein. Hierdurch ist der Kräfteanstieg bei Schnittbeginn weicher, und die Konstruktion der Maschine wird weniger stark belastet.


Abb. 6.2.3: Schwingschnitt (Quelle: Eigene Darstellung)

Die Schneidleiste
Das Gegenmesser/Unterschnittwerkzeug beim Messerschnitt ist die Schneidleiste. Je nach Art des verwendeten Messers kann die Schneidleiste aus verschiedenen Kunststoffen gefertigt sein. Der Kunststoff der Schneidleiste muss zäh, er darf aber auch nicht zu hart sein. Ist das Material zu weich, dann schneidet das Messer zu tief ein. Die unteren Bogen werden nicht sauber durchgeschnitten. Ist die Leiste zu hart, wird das Messer schnell stumpf oder bricht gar aus.

Eingesetzte Materialien bei Schneidleisten:
Hart-PVC: Früher wurden Schneidleisten aus Hart-PVC angeboten. Diese wurden in erster Linie für Hartmetallmesser eingesetzt.
Polypropylen: Heute werden fast nur noch Polypropylen-Schneidleisten mit einer Härte von 60-85 Shore angeboten.
Nylon: Die Nylon-Schneidleiste hat den Vorteil, dass sie sich nachdem Schnitt wiederein Stück weit verschließt. Hierdurch wird der untere Bogen des Schneidgutes bessergestützt und sicherer getrennt.

Die Shore-Härte, benannt nach Albert Ferdinand Shore, ist eine Kennzahl, die vorwiegend für Elastomere und gummielastische Polymere eingesetzt wird. Quelle und weiterführende Informationen: http://wiki.polymerservice-merseburg.de/index.php/SHORE-Härte

Nicht nur das Messer muss geprüft und scharf sein, um einen qualitativ guten Schnitt zu erzeugen, sondern auch die Schneidleiste hat einen großen Einfluss auf den Schnitt eines Stapels.

Die Leiste sollte dann ausgetauscht oder umgedreht werden, wenn sich das Messer so tief eingearbeitet hat, dass die unteren Bogen eines Stapels abreißen. Auch bei jedem Messerwechsel ist die Schneidleiste umzudrehen oder auszuwechseln. Die Schneidleiste nutzt sich umso schneller ab, je härter das zu schneidende Material ist. Ein regelmäßiger Wechsel der Schneidleiste erhöht die Standzeit des Messers. Wichtig ist auch die exakte Höheneinstellung des Messers beim Messerwechseln. Das Messer sollte im unteren Totpunkt der Maschine nur so weit in die Schneidleiste eindringen, dass das Material gerade noch durchgeschnitten wird.


Abb. 6.2.4: empfohlene Eintauchtiefen des Messers in die Schneidleiste (Quelle: POLAR-Mohr)

Der Pressbalken und der Schnittandeuter
Der Pressbalken soll das Schneidgut beim Schneiden festhalten. Durch die stufenlos einstellbare Hydraulik lässt sich der richtige Pressbalkendruck bei modernen Schneidemaschinen je nach Schneidgut und Schneidbreite einstellen. Die korrekte Einstellung ist wesentlich abhängig von den Eigenschaften des Schneidgutes. Um die Schnittlinie zu erkennen, kann der Pressbalken mithilfe des Fußpedals (mechanischer Schnittandeuter) auf das Schneidgut abgesenkt werden. Die Schneidmarkierungen auf dem zu schneidenden Druckbogen können so genau angefahren werden. Mit dem Einschalten des optischen Schnittandeuters wird eine schmale Linie auf das Schneidgut projiziert.

Weitere Maschinenelemente, die den Schneidprozess am Schnellschneider optimieren, sind

• Gesamttischluft
• Vorder- oder Hintertischluft
• Nutenholz
• Autotrim
• Automatisches Richten
• Drehsattel
• Neigesattel
• Fixomat (Punktanlage am Sattel)
• Niederhalter vor dem Sattel (Rechen)

Auf diese Maschinenelemente wird im Lernfeld 10 ausführlich eingegangen.

Schneidprobleme
Es gibt viele Faktoren, warum ein Schnitt ein Fehlerbild aufweist. Es kommt auf das richtige Messer an. Die Beschaffenheit des Schneidgutes bestimmt wesentlich die Auswahl des Messers sowie des Messerwinkels. Je besser die beiden Parameter – Beschaffenheit des Schneidgutes und Messerwinkel – aufeinander abgestimmt werden, desto höher ist die erzielbare Schnittqualität.
Das Thema „Messerwinkel“ wird im Abschnitt „6.2.2.2 Messer“ausführlich behandelt.

Weiches Schneidgut
Unter weichem Schneidgut versteht man Papiere, die sich unter Druck stark zusammendrücken lassen. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Durchschlagpapiere, Saugpost, Seidenpapier, Holzpappe, unterstrichenen Primärfaserkarton und Löschpapier. Diese Schneidmaterialien haben folgende Eigenschaften, die sich beim Schnitt sehr unangenehm bemerkbar machen:
• schlechte Gleiteigenschaften,
• hohes Luftvolumen im Stapel sowie
• Weichheit des Schneidgutes an sich.

Folgende Probleme können auftreten:

A. Das Schneidgut staut sich vor dem Messer: Das Messer verkeilt sich, es kann zu hohem Schneiddruck kommen. Man sollte das Schneidgut deshalb immer an der linken Seite anlegen, wenn die Messerbewegung von links nach rechts erfolgt. Ein Anlegen des Schneidgutes an der rechten Seite würde den Stau noch begünstigen, da der rechte Seitenanschlag den Materialfluss zusätzlich behindern würde.


Abb. 6.2.5: Schneidgutstau (Quelle: Eigene Darstellung)

B. Das Schneidgut wird vom Messer unter dem Pressbalken herausgezogen. Das führt zu einem Überschnitt – das heißt: Die oberen Lagen des Stapels werden kürzer als die unteren. Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, empfiehlt sich die Verwendung eines schlanken Messerwinkels, und/oder die Vorpresszeit sollte erhöht werden.

C. Ein stumpfes Messer zieht mehr als ein scharfes Messer. Die Folgen zeigt Abb. 6.2.6.


Abb. 6.2.6: Effekte eines stumpfen und eines scharfen Messers (Quelle: Eigene Darstellung)

D. Bei weichem Schneidgut und zu hoch eingestelltem Pressdruck besteht die Gefahr, dass die Pressbalkenkontur das Schneidgut verformt. Hier kann mit einem Abdeckblech Abhilfe geschaffen werden. Falls das noch nicht ausreicht, kann ein dicker Papierstreifen oder ein Filzstreifen zwischen Abdeckblech und Schneidgut gelegt werden.

Normales Schneidgut
Als normal bezeichnet man Schneidgut, das sich mit einem Messerwinkel von 24 Grad und mittlerem Pressdruck (2000 kg) gut verarbeiten lässt. Das sind zum Beispiel Schreibpapiere, Postkartenkarton und Druckpapiere.

Hartes Schneidgut
Bei hartem Schneidgut (zum Beispiel Kunstdruckpapiere, gummierte Papiere, Graupappe und gestrichener Sekundärfaserkarton) kann das Messer im Schnitt ausweichen. Ein stumpfer Messerwinkel mit einer angeschliffenen Fase sorgt hier für gute Schneidergebnisse, wobei auch der gute Materialfluss vor dem Messer erhalten bleibt.
Hartes Schneidgut = stumpfer Messerwinkel;
weiches Schneidgut = schlanker Messerwinkel.

Weitere wichtige Faktoren, die einen Schnitt beeinflussen, werden im Lernfeld 10 ausführlich behandelt.

Bei Fehlern im Schneidprozess ist es wichtig, mögliche Ursachen einzeln und nacheinander zu prüfen. In der linken Spalte der folgenden Tabelle werden häufig auftretende Fehlerbilder im Schneidprozess auf-geführt; in der rechten Spalte finden sich Tipps, wie diese Fehlerbilder behoben werden können.


Abb. 6.2.7 a: Fehlerbilder im Schneidprozess (Teil 1) (Quelle: Eigene Darstellung)


Abb. 6.2.7 b: Fehlerbilder im Schneidprozess (Teil 2) (Quelle: Eigene Darstellung)



Abb. 6.2.8: Dreimesserschneider. Bei der Buchherstellung verwendet man Maschinen, die drei Seiten auf einmal beschneiden können. (Quelle: Eigene Darstellung)

Bei der Buchherstellung werden Maschinen eingesetzt, die einen Dreiseitenbeschnitt ausführen können. Ähnlich wie bei einem Schnellschneider beziehungsweise Planschneider schneiden drei Messer gegen eine Schneidleiste. Die Pressung des Schneidguts wird durch eine Formplatte vorgenommen. Der Pressdruck muss mit wachsender Höhe und Breite der Lage erhöht und bei schmaleren Lagen reduziert werden. Diese Maschine kann demnach sowohl längs- als auch querschneiden. Abb. 6.2.8 veranschaulicht, wie das funktioniert.

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