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Als erstes haben wir zwei Veröffentlichungen zur Diskussion gestellt, zunächst »Günter Schulers Typo-Schule« und das Buch »Bleiwüste« aus dem Niggli-Verlag.
Günter Schuler beschäftigt sich im vierten Teil der Typo-Schule mit Kriterien der Schriftwahl und Schriftwirkung:
»Gesetzter Text: Das kann viel bedeuten - Anzeigentext, ein Artikel in einem Magazin, ein Katalog, Text für einen Flyer oder ein CD-Booklet, Textinhalte aus einer Datenbank (zum Beispiel für Programmkalender) oder Text für eine Webseite. Wer jedoch professionell gestaltet, der sieht sich im Vorfeld mit einer ganzen Reihe gestalterischer sowie arbeitsökonomischer Fragen konfrontiert:
Welches Format soll die Publikation haben? Wie groß ist der Seitenumfang? Auf welchem Papier wird gedruckt? Ist die Gestaltung eher frei, oder sind CI- und CD-Vorgaben zu beachten?
Sind diese Fragen erst einmal geklärt, müssen für die einzelnen Textelemente einer Publikation Schriften ausgewählt werden. Da gibt es Headlines, Introtexte, Zwischenüberschriften, Zitate, Bildunterschriften, Fotonachweise und so weiter. Aber welche Schrift wählt man am besten für welchen Zweck?
Welche Schrift für welchen Zweck?
In der heutigen Ausgabe der Typo-Schule vermittelt Ihnen Günter Schuler wichtiges Grundwissen über unterschiedliche Textstrukturen und über die ästhetischen Konventionen, die bei der Gestaltung einer Publikation zum Tragen kommen. Er zeigt Ihnen, wann welche Typo sinnvoll ist, wie man sie auswählt und dabei Schriftästhetik, Publikationsumfeld und Zielgruppe beachtet.«
http://www.cleverprinting.de/typoschule.html
Kritische Anmerkungen
Auch bei der Durchsicht des vierten Teils der Typoschule sind mir einige Aspekte aufgefallen, die ich kritisch vorstellen möchte.
So stellt Schuler zu recht dar, dass auch satztechnische und produktionstechnische Aspekte die Schriftwahl beeinflusen und schriebt dann jedoch:
»Serifenlose Schriften in TV-Programmen oder Veranstaltungskalendern etwa tragen schlichtweg der tatsache Rechnung, dass a) eine große Masse Information auf engem Raum komprimiert wird, b) die Schrift schon auf Grund der Druckverfahren robust gestaltet sein muss.«
Doch stellt sich die Frage, ob die Aussage, die hier indirekt impliziert wird so verallgemeinernd überhaupt stimmt. Denn zwischen den Zeilen steht, dass Sans Serif Schriften enger laufen als Serif-Schriften. Selbst wenn man nicht mit einem Extrem wie der Avantgarde als Gegenbeispiel daher kommt, erscheint es es mir schlichtweg zu allgemein.
Und was soll der Bezug auf Druckverfahren? Sind Veranstaltungskalender denn nicht auch im Offsetdruck produziert? Oder was hat der Autor dabei im Kopf ohne es uns zu sagen?
Auch seine Aussage über ideale Schriften für den Zeitungsdruck führt in die Irre. Statt die offenen Punzen hervorzuheben, behauptet Schuler, dass Zeitungsschriften gerade eine eher geschlossen Punzen benötigen, um platzsparend eingesetzt zu werden. (Siehe Seite 8)
Und dann widerspricht er sich auch auf Seite 6 selbst, wenn er die Bookman, eine sehr breit laufende Schrift, als »optimal« für den Zeitungssatz beschreibt.
»Typografie – 100 Prinzipien für die Arbeit mit Schrift« kommt als vermeintliches Lehrbuch daher, ist in Wirklichkeit aber ein kommentierter »Bildband« der teils ausgezeichnetes, typografisch geprägtes Design zeigt. Auf je einer Doppelseite wird ein »Prinzip« vorgestellt, meist mit 10–20 Zeilen Text von der Autorin kommentiert und mit verschiedenen Designprojekten illustriert. Das gesamte Buch ist in vier Großkapitel unterteilt: Das Zeichen, Das Wort, Der Absatz, Die Seite.
Diese Sammlung jedoch »Prinzipien« zu nennen ist irreführend bzw. übertrieben, da
die Autorin häufig zu dem Ergebnis kommt – was ja auch korrekt ist – dass es mehrere richtige Möglichkeiten gibt, die auf den ersten Blick sogar gegensätzlich sind, aber in bestimmten Zusammenhängen kann auch mal das eine, mal das andere Extrem richtig sein. Die Beispiele sind daher viel mehr um Orientierungspunkte, die zeigen wie man mit Schrift und Typografie gestalten kann.
Die Kommentare und Einleitungen bleiben dabei entweder bei Allgemeinheiten stecken oder beschreiben das, was man ohnehin sieht, jedoch ohne weitergehende Bewertung. Trotzdem ist das Buch für die Inspiration, dank des guten Bildmaterials, lohnenswert, aber dabei auch geprägt von einer US-amerikanischen Ästhetik.
Autor Ina Saltz
Verlag Stiebner Verlag GmbH
ISBN 9783830713760
Preis 39,90 Euro
Seiten 208
Die Online-Druckerei LaserLine stellt in ihren Newsletter immer wieder auch typografischen Themen zusammen, diesmal zur Schriftklassifikation. Doch ist dies in der Kürze nachvollziehbar und verstehbar?
»Der Schriftenfächer – eine Entdeckungsreise« von Samuel Marty und Richard Frick wurde für die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und die Berufsschule für Gestaltung (BfGZ) entwickelt. Über die rund 180 Schriften, die der Fächer vorstellt, heißt es im Editorial:
»Im Fächer werden exemplarisch Schriften gezeigt, die im Kontext der neuen OpenType-Schriftenbibliothek der ZHdK und BfGZ erworben wurden und für unsere Studierenden zugänglich sind. Somit erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern vielmehr wollen wir die Studierenden für das Thema ›Schrift‹ sensibilisieren.«
Schwerpunkt sind dadurch die Schriften aus der Kollektion von Linotype/Monotype sowie URW++. Schriften von Emigre, Typotheque, Fontshop, Dutch Type Library etc. sind eher selten. Mit der »Akkurat« von Lineto und der »Newut« von André Baldiger sind zwei neuere Schweizer Schriften mit dabei.
Zu jeder Schrift gibt es eine beidseitig bedruckte Karte im Format 21 x 6 cm. Auf der Vorderseite findet man neben Informationen zum Designer, Anzahl der Schriftschnitte, Schriftenanbieter, Jahr der Entstehung und Einordnung in die Schriftklassifikation auch das Alphabet von Klein- und Großbuchstaben (ohne ß), Ziffern sowie einige Sonderzeichen. Anhand ausgewählter und charakteristischer Buchstaben werden Details sowie die Proportionsverhältnisse von Oberlänge, Versalhöhe, x-Höhe und Unterlänge aufgezeigt.
Auf der Rückseite befindet sich jedoch nicht einfacher Blindtext, sondern man sieht die Schrift in Anwendung als Typografie- und Printmedien-Glossar. Jeweils ein bis zwei Begriffe des Glossars werden in einem Schriftschnitt gezeigt. Andere Schriftschnitte werden kurz in Form der Bezeichnung des Schriftschnittes wie »regular«, »bold« etc. aufgeführt. (Unter den erläuternden Begriffen befinden sich auch ein paar Schweiztypische Fachbegriffe Offsetkorrektur, Maquette, Rektoseiten.)
Aber es ist nicht nur ein reiner Schriftenfächer, sondern er enthält auf rund 50 Seiten Erläuterungen, die zum Verständnis von Schrift und Typografie beitragen: u.a. zu Geviert, Mikrotypografie, OpenType-Schriften, Schriftsippen, Monospaced, Schriftmischung, Schriftklassifikation nach DIN 16518, Strichstärke und weiteren.
Leider wird der Ansatz der beiden Autoren zur Schriftklassifikation nicht ausführlich aufgeführt und erläutert.
Darum ist er hier als Diskussionsbasis dokumentiert:
1. Vor Gutenberg
1.1 Römisch
1.2 Frühchristlich
1.3 Frühromanik
1.4 Gotik
2. Gotisierend
2.1 Gotik
2.2 Renaissance
3. Antiqua
3.1 Renaissance
3.2 Barock
3.3 Klassizistisch
4. Serifenbetont
4.1 Egyptienne
4.2 Clarendon
4.3 Italienne
4.4 Varianten
5. Serifenlos
5.1 Ursprüngliche Grotesk
5.2 Geometrische Grotesk
5.3 Serifenlose Antiqua
6. Schriftsippe
6.1 zweigliedrig
6.2 dreigliedrig
6.3 viergliedrig
7. Dicktengleich
7.1 Serifen
7.2 Serifenlos
8. Handschriftlich
8.1 Spitzfeder
8.2 Breitfeder
8.3 Pinsel
8.4 Redisfeder
8.5 Filzschreiber
9. Dekorativ
9.1 Zierschrift/Dekorativ
9.2 Schablone/Stempel
9.3 Geometrisch
9.4 Raster/Punkt
9.5 Amorph
9.6 Varianten
10. Bildschirm
10.1 Pixel
11. Symbole
11.1 Sonderzeichen
11.2 Piktogramme
Wenn es auch kein zentraler Punkt ist, so ist teilweise zu beachten, dass sich bei den angeführten Schriftenquellen zumindest einige Fehler bzw. Irritationen eingeschlichen haben. So wird die »Linotype Syntax Serif« Elsner und Flake zugeordnet, »Syntax« wird URW zugeordnet (wo es sie zwar auch zu bestellen gibt, aber der Ursprung ist Linotype) und die »Linotype Syntax Letter« wird der Online-Vertriebsplattform myfonts.com zugeschrieben. Letztendlich sind alle drei bei Linotype erhältlich.
Die insgesamt 62 Typokarten decken unter anderem Themen wie Schriftgeschichte, Schriftarten, Buchstabenformen, typografische Zeichen, Ligaturen und diakritische Zeichen, Satzarten und Fonttechnologie ab. Eine umfangreiche Themensammlung auf 62 Karten und somit 124 Seiten im Format 12 x 8 cm.
Die Erläuterungen sind jedoch sehr knapp und stellenweise oberflächlich bzw. irritierend. Somit stellt sich die Frage, wer die Zielgruppe der Karten ist, denn durch die Kürze der Erläuterungen fehlt oft die Vermittlung des tieferen Verständnisses. Oft ist es beim Lesen so, dass man vermuten kann, was der Autor sagen wollte, aber ein Einsteiger versteht wahrscheinlich nur Bahnhof oder lernt etwas auswendig, das er nicht verstanden hat. Nur ist dies nicht sinnvoll.
Durch die extrem kurzen Erläuterungen entstehen auch falsche Zusammenhänge bzw. es kommen auch konkrete Fehler dazu. Hier einige Beispiele:
So wird z.B. die »Entwicklung der Druckschriften« anhand der Reihenfolge der DIN-Schriftklassifikation aufgeführt, was spätestens nach den serifenlosen Schriften irreführend ist, denn dann hört ja die historische Reihenfolge auf. Denn die Entwicklung endet ja nicht, wie diese Reihung impliziert, mit den gebrochenen Schriften.
Die Darstellung der Entwicklung der Kleinschreibung geht zwar von der Unziale, über die Halbunziale zur Renaissance-Antiqua, gezeigt wird jedoch die Centennial (oder eine sehr ähnliche Schrift), die sich zwischen Barock- und Klassizistischer-Antiqua einordnen lässt.
Serifenlosen Schriften als »Konstruierte Anmutung ohne Schnörkel« zu beschreiben, um dann auf der Vorderseite die alles andere als konstruierte Syntax aufzuführen, hilft nicht wirklich, sondern führt zu platten Halbwahrheiten.
Die Ausführungen zum Geviert schaffen eher Verwirrung, statt dass sie aufklären. So wird behauptet, dass jeder Buchstabe mittig auf dem Geviert steht. Oder man liest die »Formel«: »Schriftgeviert = Schriftgrad hoch 2« und fragt sich, was das dem Leser bringt. Ein 12 pt Geviert sind demnach 144 Quadrat-pt. Aber in wiefern hilft dies dem Typografen?
Erklärungen wie zu serifenbetonte Linear-Antiqua lassen mehr Fragen offen, als sie beantworten:
»Schriftschöpfung zu Beginn des Industriezeitalters im 19. Jahrhundert. Darum die statische und schwere Anmutung.«
Und warum jetzt? Weil Dynamik und Schnelligkeit mit der Industrialisierung Einzug hielt?
Zudem wurden die ersten Egyptienne-Schriften aus den klassizistischen Schriften abgeleitet, was man an der Clarendon noch gut erkennen kann. Das wäre eine interessante Information gewesen.
Auch verallgemeinernde Behauptungen wie etwa, dass sich Kapitälchen in OpenType-Fonts befinden, erklären nichts und sind so auch nicht richtig. Es gibt viele Schriften im Format OT ohne, dass sie Kapitälchen enthalten würden. OT-Fonts bieten lediglich die technische Möglichkeit, dass Kapitälchen in einem Schriftschnitt vorhanden sein können.
Oder was sagt uns folgende »Erklärung« des Wortes »kursiv«?
»Stammt vom lateinischen cursiva und bedeutet laufend, fortlaufend. Für den Schriftsatz kann dies übersetzt werden mit schnell schreiben. Dies erklärt die nach rechts geneigte Lage.« Aber eigentlich erklärt dieser Satz nichts.
Der einleitende Satz in der Werbung des Verlages – »Perfektion beginnt im Detail.« – passt leider nicht zu diesen Typocards. Und das Kartenset auch noch »Kompendium« zu nennen ist defintiv übertrieben.
Die zwei Ausführungen unterscheiden sich lediglich in der Verpackung. Der Schuber ist schön, aber alleine dafür 12 Euro mehr auszugeben, ist zwar vom Material und der Verarbeitung gerechtfertigt, aber für die meisten eher nicht sinnvoll.
Autor Reinhard Albers
Verlag Niggli Verlag
ISBN 9783721207231 (Schuber), 9783721207323 (Box)
Preis 24,00 Euro (Schuber), 36,00 Euro (Box)
Bücher über Typografie kann es, wenn es nach mir ginge, nicht genug geben. Die Typografie hat so viele Facetten, dass es einem kaum langweilig wird. Daher habe ich mich zunächst gefreut, dass der Niggli-Verlag ein neues Buch über Typogarfie veröffentlichte, zumal ich den Verlag für die Qualität seiner Veröffentlichungen schätze.
Leider hat mich Pascal Schönings Buch »Bleiwüste« mehr als enttäuscht. Das Buch ist zunächst – zum Glück – gar keine Bleiwüste. Also warum dann dieser Titel?
Nach einer Einleitung durch Horst Moser bekommt der Leser drei Teile präsentiert. Im ersten Teil werden 50 bedeutende Satzschritten erklärt und mit Beispielen aus der Alltagstypografie – so die Beschreibung des Autors – präsentiert. Der zweite Teil erläutert 50 Begriffe aus der Bleisatzzeit, und im letzten Teil werden 50 Tricks für den Typo-Alltag vorgestellt.
Papierverschwendung
Diese 50 Tricks sind hauptsächlich Shortcuts für typografischen Satz-, Sonder- und Währungszeichen, sowie Angaben zu DIN-Formaten und Korrekturzeichen. Seltsam mutet es an, wenn der Autor vorschlägt, Schriften über Suchen und Ersetzen auszutauschen:
»Suche nach: Arial/Helvetica/Chicago/Verdana/Times … – Ersetze durch: PostScript-Schriften« Als ob Helvetica keine PS-Schrift sein könne … und eigentlich sehr umständlich, ebenso wie der Vorschlag »ch« durch eine »ch-Ligatur« über Suchen und Ersetzen auszutauschen.
Und warum nun gerade 50 Seiten lang Bleisatzbegriffe, meist wenig ansprechend mit Fotografien oder Grafiken illustriert, unbedingt in ein Typobuch gehören, ist mir nicht begreiflich. Schließlich macht dies ein Drittel des Buches aus. Und wenn ich als »Illustration« des Wortes »Blindband« ein Foto eines Textes in Braille-Schrift sehe, frage ich mich, ob hier einfach Platz gefüllt wurde ohne groß nachzudenken. Warum kein Foto eines Blindbandes? Oder soll das witzig sein?
Um auf genügend Begriffe aus der Bleisatzzeit zu kommen wurden viel »Aufwand« betrieben. So findet man hier u.a. Begriffe wie »Blitzer« und wieder stellt sich mir die Frage, was das mit Bleisatz zu tun hat – kommt das im Offsetdruck nicht mehr vor, oder was soll uns das sagen?
Alles in allem: Papierverschwendung.
Unwissenheit, Oberflächlichkeit, …
Meine Hoffnung lag zum Schluß auf dem ersten Teil des Buches. Doch auch das enttäuschte bei genauerem Hinsehen. 50 Satzschriften wurden hier ausgewählt, und bis auf die ITC Bauhaus hat der Autor eine gute Wahl getroffen. Die Beispiele der Alltagstypografie sind aber größtenteils misslungen ausgewählt, unscharf fotografiert und vielfach zeigen sie andere Schriften wie angegeben. Zudem was soll der Leser mit Abbildungen aus Zeitungen der 30er Jahre anfangen?
Die Erläuterungen der Schriften strotzen zudem von Fehlern und Ungenauigkeitenn, dass man sich fragt, ob es Unkonzentriertheit, Unwissenheit oder Unfähigkeit war, als der Autor diese Schriftportraits schrieb.
Hier einige Beispiele des typografischen »Know-hows« des Autors:
Über Wiliam Martin, Entwerfer der Bulmer, wird geschrieben, dass er bei Baskerville in die Lehre gegangen sei. Martin wurde 1765 geboren, Baskerville starb 1755. Sind Zeitreisen doch möglich?
Underware wird zu einem dänischen Designbüro, und der Autor scheint versucht zu haben, englischsprachige Texte zu übersetzen ohne sie richtig zu verstehen:
»Dieser Font wurde auf dem Zeichenbrett entwickelt und enthält viele schöne Details, die erst auf größeren Displays sichtbar werden.«
Halbwissen und aufgeschnappte Brocken werden zu einem kaum verständlichen und wenig aussagekräftigen Abschnitt über die Schrift »Bauhaus« verwurschtet:
»Die runden, extrem konstruierten Buchstaben sind – typisch Bauhaus – eher kopflastig geformt. (…) Herbert Bayer war der erste, der bewusst auf Versalien in Zeichensätzen verzichtete, gemäß der Bauhaus-Philosophie ›weniger ist mehr‹. Goebbels empfand einen seiner Entwürfe als zu modern und unterband dessen Veröffentlichung.«
Oder noch ein Beispiel zum Schluss:
»Da sie (die Minion) auf dem Rechner gestaltet wurde, eignet sie sich natürlich hervorragend für den Einsatz unter heutigen Bedingungen.« Weiß der Autor eigentlich was er da sagt?
Man sollte nur Bücher über Themen schreiben, bei denen man sich auskennt, und ein Verlagslektorat sollte auch fachlich die Veröffentlichungen prüfen lassen.
Autor Pascal Schöning
Verlag Niggli
ISBN 978-3-7212-0704-0
Preis 30 Euro
Der Schulungsanbieter Cleverprinting bietet als neue Reihe die »Typo-Schule« von Günter Schule als PDF-Sammlung an. Schuler ist als Autor einiger Fachbücher u.a. zur Typografie (»Der Typo-Atlas« und »Body Types« bekannt geworden.
In der ersten (zip-Datei) von insgesamt 10 Folgen beschäftigt sich Schuler u.a. mit dem Thema Schriftklassifikation, Schriftgruppen, sowie Schriftwahl und Schriftmischung.
Es ist eine Zusammenfassung aus den bekannten und oben genannten Publikationen, jedoch mit der Tendenz der Vereinfachung und Verflachung.
So schreibt Schuler bei der Entstehung der Versalien aus der Capitalis Monumentalis sehr salopp:
»Ob Sie sich diesen Namen (Capitalis Monumentalis, A.d.V.) merken, ist nicht wichtig.«
Oder die sehr verkürzte Darstellung zur Entwicklung der gebrochenen Schriften:
»Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts spielten gebrochene Schriftvarianten eine nicht unerhebliche Rolle. Als Gebrauchsschriften zum Zug kamen jedoch auch informelle Schriftarten – beispielsweise Schreibschriften, (...)« (Seite 2)
Und das liegt nicht an Schulers Unkenntnis wie die beiden sehr guten Artikel zu Gebrochenen Schriften (Teil 1 und Teil 2 als PDF) , die in der Invers erschienen sind belegen.
Diese Vereinfachungen sprechen dafür, dass die Zielgruppe nicht unbedingt Profis zu sein scheinen.
Auch sonst gibt es einige Ungenauigkeiten, so wird aus der Schriftklassifikation nach DIN 16518 wahlweise die DIN 16442 oder die DIN 14662 (Seite 6) oder der Stuttgarter Max Bollwage wird plötzlich zum Schweizer Gestalter.