Beispiel: Kompetenz bei der Angebotserstellung
Um deutlich zu machen, wie wichtig gute Kundenberatung für eine Druckerei ist, formulierte die viscom in einer Zukunftsstudie folgendes recht realistische Szenario.
Frau Yvonne Hürlimann will ein neues Teeversandhaus eröffnen. Weil sie einen Prospekt brauchen wird, fragt sie bei mehreren Druckereien um ein Angebot an:
Guten Tag sehr geehrte Damen und Herren, für mein neues Teeversandhaus benötige ich einen Prospekt. Ich ersuche Sie daher um ein Angebot für: zirka 5.000 Stück Prospekte, zirka 16 Seiten, bunt, preisgünstiges schönes Papier. Ein Bekannter macht für mich die Gestaltung mit den Fotos. Sie erhalten fertige Daten. Liefertermin wäre Ende August. |
Von 35 per E-Mail angeschriebenen Druckereien antworteten 29. 19 Betriebe haben Fragen. Die meisten wollten das Format wissen, einige wenige Fragen kommen zur Papierqualität, Heftung und zum Datenformat. Innerhalb weniger Tage hatte Frau Hürlimann 17 Angebote. Die Preise variieren zwischen 2.600 bis 7.300 Franken (200 Prozent Preisunterschied). Soweit der Sachverhalt, der wahrscheinlich aus dem täglichen Kundenverkehr bekannt ist.
Druckereien klagen immer wieder über den großen Preisdruck, dem sie in der Konkurrenz untereinander ausgesetzt sind. Sie reden über umfassende Kompetenz, über Beratung und anspruchsvolle Prospekte, die problemlos beflockt, metallfarben bedruckt, perforiert, gestanzt, siebenfach beschnitten mit Hologrammen versehen und automatisch adressiert werden können.
Aber was bieten sie an? Einen Preis! Kein Wort von Beratung, keine Empfehlungen, Frau Hürlimann bekommt nur einen Preis. Und dieser Preis soll scheinbar tief gehalten werden: Manche Anbieter nehmen einfach an, dass der Prospekt DIN A5 sein soll, und dass er auf möglichst dünnem Papier gedruckt wird.
Vielleicht kann man es mit einem Autokauf vergleichen. Frau Hürlimann schreibt an ein Autohaus und teilt mit, dass sie ein Auto kaufen wird. Würden Autohäuser reagieren wie Druckereien, würden sie nach einer E-Mail-Anfrage nur ein paar wenige Rückfragen haben, wie "Möchten Sie einen Kombi oder einen PKW?", um dann das kleinste und billigste Auto ihrer Flotte anzubieten. So bekam Frau Hürlimann – ohne eine einzige Rückfrage – von einer Druckerei einen Prospekt im Format DIN A5 auf 100-g-Papier angeboten. Wenn man dem Kunden nichts anderes bietet als einen Preis, soll man sich nicht wundern, wenn nur der Preis verglichen wird.
Aber zurück zu Frau Hürlimann. Was will Frau Hürlimann wirklich – und was hat man ihr angeboten?
Frau Hürlimann will Tee verkaufen. Sie hat geerbt und möchte jetzt ihr Hobby zum Beruf machen. Sie hat viel Erfahrung mit Tee und kennt sich dort gut aus. Von Marketing oder gar von Druck hat sie keine Ahnung, sie hat nur einen Bekannten, einen Lehrer, der ab und zu schon mal etwas mit CorelDraw gemacht hat.
Eine einzige Druckerei hat nachgefragt, ob Frau Hürlimann denn nicht auch Briefpapier und Visitenkarten brauchen würde, ob sie schon eine Homepage hat. Dabei hat Frau Hürlimann ein Budget von etwa 100.000 Franken für Werbung und Marketing im ersten Jahr, das sie zum Großteil in die Gestaltung des Corporate Designs, die ersten Printprodukte, professionelle Produktfotos und eine Homepage investieren will.
Kaum jemand wollte sie beraten, kaum jemand hat mehr als 120-g-Papier, matt angeboten.
Frau Hürlimann tut gut daran, sich an eine Werbeagentur zu wenden, um ihre Wünsche zu verwirklichen.