Schriftcharakter

Schriftarten geben nicht nur den Textinhalt wieder, sondern durch ihre Buchstabenform, ihre Lage oder Gewicht visualisieren sie auch Emotionen und Assoziationen.

Eine feine Schreibschrift ist offensichtlich für einen Gerüstbauer oder Steinmetz ungeeignet. Oft ist die Sache aber nicht so klar.

  • Eine kursive Schrift steht durch den Neigungswinkel für Bewegung und Dynamik
  • Eine klassizistische Antiqua mit ihrer statischen Buchstabenformen steht für Seriosität aber besitzt durch die starken Strichkontraste aber auch eine edle Anmutung.
  • Serifenbetonte Schriften (Slab Serif) wirken in der Regel konstruierter, etwas gröber
  • Serifenlose Schriften werden in der Regel mit Begriffen wie modern, aber auch technischen Aspekten assoziiert.
  •  

Mögliche Fragen: 

• Wie wirkt eine Schrift, dynamisch, statisch, sachlich, emotional?

• Wie sind die Buchstamenformen, konstruiert, handschriftlich, etc. und wie wirkt dies?

 

Schriftwirkung:

runde schriften:
lebendig, funkelnd, ruhig, statisch, hochtrabend, verträumt
(Avantgard, Helvetica Rounded)

fette schriften:
dominant, traurig, laut, dramatisch
(Extrabold-Schnitte)

serifen-betonte schriften:
sachlich, anspruchsvoll in der verwendung

serifen-lose schriften:
kühl, nüchtern, modern, elegant
(Helvetica, Optima, Grotesk)

schreibschrift:
elegant, feierlich

gebrochene Schriften:
traditionell, historisch, würdevoll

 

Venezianische Renaissance-Antiqua: 

würdig, in sich ruhend, abgeklärt
-> klassische Literatur (Bibel, Gesangbuch,…)

 

Französische Renaissance-Antiqua:

würdig, in sich ruhend, abgeklärt -

> klassische Literatur (Bibel, Gesangbuch,…)

 

Barock-Antiqua:

spannungsreich, aufbauend, variable

-> Zeitung, Zeitschrift, Lexika, …

 

Klassizistische Antiqua:

klar, edel, spannungsreich

-> Urkunden, sachbezogene Literatur, künstlerische Bücher, Kataloge, …

 

Serifenbetonte Antiqua:

klar, konstruktiv, linienbetont

-> Gebrauchsanweisungen, Verpackungen, Preisschilder, technische Berichte

 

Serifenlose Antiqua:

sachlich, ruhig, konstruktiv

-> Formblätter, Handzettel, sachbezogene/technische Prospekte, Kataloge

 

Schreibschrift:

vornehm, persönlich, dynamisch

-> Glückwunschkarten, Schreiben mit persönl. Charakter

 

Gebrochene Schriften:

spannungsreich, traditionell

 

 

 

 

Mögliche Aufgaben:

1 Schriftpolaritätsprofile kennen
Welche Informationen lassen sich aus einem Polaritätsprofil herauslesen, das für eine Schrift erstellt wurde?


2 Schriftpolaritätsprofile bilden
Bilden Sie selbst Polaritätspaare für eine beliebige Schrift. Erstellen Sie danach einen Fragebogen und führen Sie dann eine Befragung zur Wirkung der gewählten Schrift durch und werten Sie diese aus.


3 Schriftanwendung praktizieren
Welche der folgenden Schriften passt zu einem Opernhaus: http://img.xrmb2.net/images/295880.png
Begründen Sie Ihre Wahl.


4 Schrift und ihre Wirkung verstehen
Grundlage eines jeden Kommunikationsdesigns ist die Schrift und ihre Aussage. Durch ihre Formensprache und dem sich daraus ergebenden Erscheinungsbild drückt jede Schrift bereits etwas aus. Nennen Sie Kriterien im Aussehen einer Schrift, die auf die Schriftwirkung direkte Auswirkungen haben.


5 Schrift und ihre Wirkung verstehen
Beobachen Sie bei sich selbst, welche Wirkungen Schriften beim Lesen oder Betrachten bei Ihnen auslösen. Wenn Sie dies bewusst über mehrere Tage praktizieren, werden Sie feststellen, dass Sie durch die Schriften, die in manchen Medienprodukten verwendet werden, emotional durchaus in die ein oder andere Richtung gedrängt (manipuliert) werden.

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U3: Schriftmerkmale

  • Grundstrich, Abstrich oder Stamm: nach unten führenden Strich eines Buchstabens
  • Aufstrich: den nach oben führende
  • Haarstrich: dünnste Linie des Buchstabens
  • Serifen: können gerade oder konkav geformt sein
  • Halbserifen= nur bei Großbuchstaben
  • Dachansatz: tritt nur bei Gemeinen auf
  • Kehlung: inneren Bogen in einer Serife
  • Punzen: offene/ geschlossene Buchstabeninnenräume
  • Querstrich: Horizontal oder Quer
  • Auslaufpunkte von gemeinen können unterschiedlich ausfallen (Tropfen, Kugel)
  • Schattenachse, Symmetrieachse, Rundungsachse: zwischen den Stellen mit geringer Strichstärke
  • Versalhöhe: Höre von der Schriftlinie zur Höhe der Versalien
  • Versaile: auch Majuskel; Großbuchstaben einer Schrift
  • Minuskel: Kleinbuchstaben, auch gemeine
  • Laufweite: Abstand zwischen den Zeichen un der Schrift
  • Dickte: Gesamtbreite eines Buchstabens
  • Fleisch: Leerraum links und rechts des Zeichens
  • Punzen: nicht druckender Bereich innerhalb eines Buchstabens
  • Schriftgrad: Größe der Schrift

Schriftklassifikationen 

  • Klasse 1: Venezianische Renaissance- Antiqua
  • deutliche Schrägstellung des Querstriches im kleinen e
  • Achse der Rundung nach links geneigt
  • Geringer Strichstärkenunterschied der Haar - und Grundstriche
  • Beispiel Schrift: Berkley Ad Style
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  • Klasse 2: Französische Renaissance-Antiqua
  • größere Strichunterschiede in der Strichdicke
  • Waagerechte Stellung des Querstriches bei dem kleinen e
  • Übergang zu den Serifen ist stark aufgerundet
  • Beispiel: Garamond
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  • Klasse 3: Barock Antiqua (Zeitungen, Lexika)
  • Unterschiede in der Strichstärke
  • Querstrich des e’s liegt waagerecht
  • Serifen weniger oder gar nicht aufgerundet
  • Rundungsachsen stehen nahezu senkrecht
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  • Klasse 4: Klassizistische Antiqua (Urkunden, Jubiläen)
  • Die Achse der Rundung ist senkrecht
  • Serifen waagerecht angesetzt
  • Starke Unterschiede der Haar- und Grundstriche
  •  
  • Klasse 5: Serifenbetone Linear-Antiqua (Werbung, Plakate)
  • stark betonte Serifen
  • Gerade Linie bei Haar- und Grundstrich
  • Senkrechte Symetrieachse
  • Gerader Dachansatz
  •  
  • Klasse 6: Serifenlosen Linear-Antiqua
  • Grotesk
  • Keine Serifen
  • Strichstärke sind (annähernd) gleich
  •  
  • Klasse 7: Antiqua Varianten
  • Alle, die sich in keine Gruppe sortieren lassen
  • Dekorativ
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  • Klasse 8: Schreibschriften
  • Wechselstrich
  • Pinsel-/ Federcharakter
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  • Klasse 9: Handschriftliche Antiqua
  • handschriftlicher Charakter
  • Wechselstrich
  • Klasse 10: gebrochene Schriften
  • + weisen je nach Untergruppe mehr oder weniger Brechungen auf
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Schriftklassifikation (DIN 16518/1964 und Entwurf 1998)

Auch Schriften werden in Deutschland nach der Deutschen Industrienorm (DIN) klassifiziert und normiert. Die Schriftklassifikation nach DIN 16518 ist aus dem Jahr 1964 und trotz einiger Defizite, die sich durch die technische und gestalterische Entwicklung ergeben haben, noch heute gültig.

Gruppe I: Venezianische Renaissance-Antiqua
Sie entstand im 15. Jahrhundert aus den humanistischen Minuskel und man sieht den Buchstaben noch das Werkzeug, eine schräg angesetzte Feder, an. Die Achse der Rundungen ist nach links geneigt, Haar- und Grundstriche sind in ihrer Stärke ähnlich. Die Serifen sind ein wenig ausgerundet. Wichtiges Erkennungsmerkmal ist zudem der schräge Querstrich des »e«.

Gruppe II: Französische Renaissance-Antiqua
Sie ist der Venezianischen Renaissance-Antiqua ähnlich, hat jedoch ein ruhigeres und gleichmäßigeres Schriftbild. Deshalb sind diese Schriften häufig verwendete Lesetextschriften.

Gruppe III: Barock-Antiqua
Die Barock-Antiqua hat größere Unterschiede in der Strichstärke als die Renaissance-Antiqua. Die Rundungsachsen sind fast senkrecht. Die Serifen sind meistens oben schräg, unten gerade angesetzt und sind nur wenig ausgerundet. Der Name Barock-Antiqua ist jedoch etwas irritierend, wenn man an Barock in der Kunst denkt.

Gruppe IV: Klassizistische Antiqua
Mit der neuen Kupferstich-Technik Ende des 18. Jahrhunderts und auf der Basis der Spitzfeder entstanden neue Buchstabenformen. Die starken Strichstärkenunterschiede zwischen den Haar- und Grundstrichen sind charakteristisch. Die Serifen sind zudem meist im rechten Winkel angesetzt.

Gruppe V: Serifenbetonte Linear-Antiqua
Diese Schriften entstanden wie auch die serifenlosen Schriften im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Sie besitzen eine auffallende Betonung der Serifen. Haar- und Grundstriche unterscheiden sich nur wenig in ihrer Dicke.

Gruppe VI: Serifenlose Linear-Antiqua (Grotesk)
Hauptmerkmal sind die fehlenden Serifen. Haar- und Grundstriche unterscheiden sich nur wenig. Die Buchstabenformen und Proportionen der unterschiedlichen serifenlosen Schriften lassen sich aber eigentlich nicht ohne Untergruppen zusammenfassen, da sie von Anlehnung an Schriften der Renaissance- oder Klassizistischen Antiqua bis zu konstruierten Formen reichen.

Gruppe VII: Antiqua-Varianten
Zu dieser Gruppe gehören alle Schriften, die nicht eindeutig den anderen Gruppen zugeordnet werden können. Daher finden sich in der Gruppe VII viele dekorative oder Displayschriften, die hauptsächlich für kurze Texte wie Überschriften eingesetzt werden.

Gruppe VIII: Schreibschriften
In diese Gruppe gehören Schriften mit Schreibschriftcharater mit dem Merkmal, dass die Kleinbuchstaben untereinander verbunden sind.

Gruppe IX: Handschriftliche Antiqua
In diese Gruppe gehören Schriften, denen ihr handschriftlicher Charakter und evtl. auch das Werkzeug (zum Beispiel Pinsel) anzusehen ist. Im Gegensatz zu der Gruppe VIII sind die Buchstaben jedoch nicht oder nicht vollständig miteinander verbunden, die Buchstabenform muss auch nicht gleichmäßig sein, sondern wirkt eher »zufällig«.

Gruppe X: Gebrochene Schriften
Die Gruppe X ist in fünf Untergruppen gegliedert (Gotisch, Rundgotisch, Schwabacher, Fraktur und Fraktur-Varianten), spielt allerdings heutzutage eine untergeordnete Rolle. Hauptmerkmal aller Schriften dieser Gruppe sind die zum Teil oder vollständig gebrochenen Rundungen.

Gruppe XI: Fremde Schriften
Trotz aller stilistischen Unterschiede zählen alle Schriften nicht-lateinischen Ursprungs wie Griechisch, Kyrillisch, Chinesisch, Japanisch etc. zu dieser Gruppe, egal ob sie Groteskschriften sind oder eine eher klassizistische Anmutung haben.

Alternativen zur DIN 16518
In Frankreich, USA oder England gibt es andere Kategorien zur Schriftklassifikation als in Deutschland, die auch unterschiedliche Namen haben. Zum Beispiel heißt die Barock-Antiqua auf Englisch »Transitional«, und der Name beschreibt ihre Bedeutung als den Übergang von der Renaissance-Antiqua zur Klassizistischen Antiqua.
Auch für die DIN 16518 gibt es neue Entwürfe u.a. von denjenigen von 1998 (Siehe Tabellenübersicht), da die jetzigen Kategorien als veraltet gelten.
 

Abbildung

So richtig durchsetzen konnte sich allerdings keiner dieser Entwürfe, auch wenn es im »Kompendium der Mediengestaltung« so dargestellt wird. Nach wie vor gilt jedoch die Norm von 1964.

 

Weitere Ansätze zur Schriftklassifikation:
Schrift-Matrix von Wolfgang Beinert
Klassifikation nach Indra Kupferschmid

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