Interview mit dem Fachexperten für Drucktechnik Otto Wenkel

    Otto Wenkel, Buchdrucker, Offsetdrucker und Druckermeister, Fachlehrer im Hauchler Studio und Mitglied in verschiedenen Prüfungsausschüssen.
Heute im (Un-) Ruhestand ist er Mitglied im Medienfachwirtprüfungsausschuss
der IHK Ulm und in der Fachgruppe beim DIHK in Bonn. Er lebt in Friedrichshafen.

Herr Wenkel, Sie sind seit Jahrzehnten in der Aus- und Weiterbildung im Bereich der Druckindustrie tätig. Was waren für Sie die wichtigsten Veränderungen in dieser Zeit?

Ganz früh der technische Übergang vom Buchdruck in den Offsetdruck. Das waren für uns harte Zeiten bis wir mal lernten, dass alles viel einfacher war. Dann der Wechsel von der manuellen Tätigkeit in die elektronischen Techniken. So mit Vierzig hatte ich meinen ersten Computer auf dem Tisch stehen. Gerade ausgepackt und dachte. „Das kapiere ich nie!“ Tja - heute schmunzel ich darüber.

In diesen Jahren wurde - wie schon bemerkt - vieles einfacher. Doch nicht schöner! Der heutige arbeitende Mensch wird immer mehr Teil der Funktion und ist immer weniger Handelnder. Das ist bedauerlich, aber auch ich habe dafür noch keine Lösung.

Was sollte aus Ihrer Erfahrung ein Mensch mitbringen, wenn er eine Ausbildung in unserer Branche beginnt?

Bis auf das übliche Farbauge kann der vordergründig nichts mitbringen. Nur seine Jugend, eine unbändige Neugier auf das Leben und hoffentlich einen gesunden Menschenverstand. Das sollte er haben. Mit einem gesunden Menschenverstand kann man alles werden, denn das andere lernt man dazu. Wenn dann noch ein guter Ehrgeiz angeboren ist und die heute so vermissten Tugenden akzeptiert und verinnerlicht werden, hat er alles, was er braucht. Der Rest ist unsere Aufgabe.

Viele sorgen sich angesichts der einschneidenden Veränderungen der Medienlandschaft um die Zukunft der Druckindustrie. Welche Meinung haben Sie dazu?

Alles hat seine Zeit und es ist immer alles im Fluss. Die Druckindustrie wie wir sie heute kennen, wird in Zukunft anders sein. Wie kann Ihnen niemand sagen und ich glaube da auch keinem. Da dieser Vorgang der Veränderung permanent und kontinuierlich erfolgt, macht er mir keine Angst.

Manche erwarten doch klarere Aussagen, um einen festeren Halt zu haben. Was soll ich da sagen? Dass der Digitaldruck sich durchsetzt? Natürlich kommt eine andere Kommunikationstechnik auch in dieser Form. Die mechanische Drucktechnik ist ausgereizt und steht am Ende. Der ganze digitale Bereich wurde von den etablierten Maschinenanbietern zu schnell aufgegeben. Wer als Anbieter kein interessantes mitwachsendes digitales Angebot hat, verspielt seine Zukunft. Mit Erstaunen werden viele sehen, dass Zukunftstechniken von Firmen kommen werden, die heute noch gar keiner kennt. Da braucht es Querdenker.

Wenn ich jung wäre, hätte ich trotzdem keine Angst. Ich habe immer Stillstand gehasst und war immer ein Veränderer. "Wir haben das immer so gemacht" war für mich ein Brechmittel! Die sich verändernde Welt kann so interessant sein und in jeder Weise lebenswert. Vielleicht ein kleiner Tipp an junge Leute: "Sucht euch Dinge, die andere nicht machen wollen oder die als "schwer" betrachtet werden. Nach vier Wochen Mühen hat man einen exklusiven Wissensvorsprung, der einen für den Betrieb wichtig macht und es gibt weit und breit keine Konkurrenz. Auch ich habe bevorzugt die Fächer unterrichtet, die keiner machen wollte und das war immer richtig so. Man lernt wirklich alles, wenn man will. Wichtig sind nur realistische Zeitfenster. Als Lehrer erlebte ich es bei neuen Fächern immer wieder: Im ersten Jahr war man Flasche, im zweiten Jahr kannte man die Antworten, die man vorher nicht wusste und im dritten Jahr war man Genie.

Sie unterstützen seit vielen Jahren Ratsuchende in der Branche und helfen nun als Experte mit in einer Gruppe für Druckerinnen und Drucker in der Mediencommunity.
Was motiviert Sie zu diesem tollen Engagement und welche dummen Fragen darf man Ihnen nicht stellen?

Vielleicht habe ich ein Helfer-Syndrom? Man sucht immer einen tieferen Lebenssinn, und ich glaube, ich hatte ihn so schon früh gefunden. Biologen würden mir sicher sagen, dass in mir ein sehr "egoistischer Vererbungsmechanismus" wirkt. Kann schon sein!

Jede dritte Führungskraft kommt aus meiner/unserer Schule. Das haben wir mal nicht ganz uneigennützig recherchiert. Heute kann ich irgendeinen grafischen Betrieb besuchen und sicher sein, dass irgendeine oder irgendeiner aus der Ecke springt, die oder den man kennt. Dann freut man sich mich zu sehen und das hat schon was. Es ist nicht so, dass ich diese Menschen auf ihre jetzigen Positionen bringen konnte - nein - ich hatte nur eine Startklotzfunktion und den Rest haben die immer selber gemacht. Aber man war halt der sichere und stabilisierende Anfang einer späteren Leistung. Das befriedigt und aus dieser Lust bin ich heute vom Startklotz zum Rettungsring mutiert.

Grundsätzlich kenne ich keine dummen Fragen. Man darf keine Überheblichkeit des Wissens wie eine Monstranz vor sich hertragen. Dieses Wissen wuchs nicht nur aus Leidenschaft und Neugier, sondern auch einfach durch die Lebensjahre. Mein Anfang wurde von vielen Fehlern begleitet. Doch Fehler sind Erfahrung, manchmal ganz brutale Erfahrung und ich habe mir immer geschworen sie nicht zweimal zu machen. Das hat dann geklappt und so lasse ich Fehler, auch bei anderen, immer einmal zu. Aber dann hat es sich und ich helfe mit, dass kein zweiter passiert.

Die Fragen stellte Thomas Hagenhofer, Projektmitarbeiter der Mediencommunity beim ZFA

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