Schriftenfächer – eine Entdeckungsreise

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»Der Schriftenfächer – eine Entdeckungsreise« von Samuel Marty und Richard Frick wurde für die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und die Berufsschule für Gestaltung (BfGZ) entwickelt. Über die rund 180 Schriften, die der Fächer vorstellt, heißt es im Editorial:
»Im Fächer werden exemplarisch Schriften gezeigt, die im Kontext der neuen OpenType-Schriftenbibliothek der ZHdK und BfGZ erworben wurden und für unsere Studierenden zugänglich sind. Somit erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern vielmehr wollen wir die Studierenden für das Thema ›Schrift‹ sensibilisieren.«

Schwerpunkt sind dadurch die Schriften aus der Kollektion von Linotype/Monotype sowie URW++. Schriften von Emigre, Typotheque, Fontshop, Dutch Type Library etc. sind eher selten. Mit der »Akkurat« von Lineto und der »Newut« von André Baldiger sind zwei neuere Schweizer Schriften mit dabei.

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Zu jeder Schrift gibt es eine beidseitig bedruckte Karte im Format 21 x 6 cm. Auf der Vorderseite findet man neben Informationen zum Designer, Anzahl der Schriftschnitte, Schriftenanbieter, Jahr der Entstehung und Einordnung in die Schriftklassifikation auch das Alphabet von Klein- und Großbuchstaben (ohne ß), Ziffern sowie einige Sonderzeichen. Anhand ausgewählter und charakteristischer Buchstaben werden Details sowie die Proportionsverhältnisse von Oberlänge, Versalhöhe, x-Höhe und Unterlänge aufgezeigt.
Auf der Rückseite befindet sich jedoch nicht einfacher Blindtext, sondern man sieht die Schrift in Anwendung als Typografie- und Printmedien-Glossar. Jeweils ein bis zwei Begriffe des Glossars werden in einem Schriftschnitt gezeigt. Andere Schriftschnitte werden kurz in Form der Bezeichnung des Schriftschnittes wie »regular«, »bold« etc. aufgeführt. (Unter den erläuternden Begriffen befinden sich auch ein paar Schweiztypische Fachbegriffe Offsetkorrektur, Maquette, Rektoseiten.)

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Aber es ist nicht nur ein reiner Schriftenfächer, sondern er enthält auf rund 50 Seiten Erläuterungen, die zum Verständnis von Schrift und Typografie beitragen: u.a. zu Geviert, Mikrotypografie, OpenType-Schriften, Schriftsippen, Monospaced, Schriftmischung, Schriftklassifikation nach DIN 16518, Strichstärke und weiteren.
Leider wird der Ansatz der beiden Autoren zur Schriftklassifikation nicht ausführlich aufgeführt und erläutert.
Darum ist er hier als Diskussionsbasis dokumentiert:

1. Vor Gutenberg
1.1 Römisch
1.2 Frühchristlich
1.3 Frühromanik
1.4 Gotik

2. Gotisierend
2.1 Gotik
2.2 Renaissance

3. Antiqua
3.1 Renaissance
3.2 Barock
3.3 Klassizistisch

4. Serifenbetont
4.1 Egyptienne
4.2 Clarendon
4.3 Italienne
4.4 Varianten

5. Serifenlos
5.1 Ursprüngliche Grotesk
5.2 Geometrische Grotesk
5.3 Serifenlose Antiqua

6. Schriftsippe
6.1 zweigliedrig
6.2 dreigliedrig
6.3 viergliedrig

7. Dicktengleich

7.1 Serifen
7.2 Serifenlos

8. Handschriftlich
8.1 Spitzfeder
8.2 Breitfeder
8.3 Pinsel
8.4 Redisfeder
8.5 Filzschreiber

9. Dekorativ
9.1 Zierschrift/Dekorativ
9.2 Schablone/Stempel
9.3 Geometrisch
9.4 Raster/Punkt
9.5 Amorph
9.6 Varianten

10. Bildschirm
10.1 Pixel

11. Symbole
11.1 Sonderzeichen
11.2 Piktogramme

Wenn es auch kein zentraler Punkt ist, so ist teilweise zu beachten, dass sich bei den angeführten Schriftenquellen zumindest einige Fehler bzw. Irritationen eingeschlichen haben. So wird die »Linotype Syntax Serif« Elsner und Flake zugeordnet, »Syntax« wird URW zugeordnet (wo es sie zwar auch zu bestellen gibt, aber der Ursprung ist Linotype) und die »Linotype Syntax Letter« wird der Online-Vertriebsplattform myfonts.com zugeschrieben. Letztendlich sind alle drei bei Linotype erhältlich.

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