Fachkräftemangel – bei uns doch nicht – oder doch?!
Mit freundlicher Genehmigung des Verbandes Druck und Medien NRW
von Simone Marhenke, Leiterin der Akademie Druck und Medien Nord-West e.V.
Seit einigen Jahren kursiert der Begriff „Fachkräftemangel“ nun schon in den Medien. Zu wenig Ingenieure, keine technisch interessierten Nachwuchskräfte, zu wenig Fachpersonal heißt es dort immer wieder. Das hat die Druckindustrie bisher nicht stark betroffen. Junge Menschen wollten Mediengestalter werden und so gab es genügend Bewerbungen auf freie Ausbildungsstellen. Und Fachkräfte konnte man ggf. abwerben oder aber von insolventen Betrieben übernehmen. Doch jetzt hat der Wettbewerb um die guten Leute auch die Druck- und Medienbranche eingeholt. The war of talent – „das Ringen um die Guten“ betrifft nun ganz konkret die grafische Industrie. Gerade weil die Fakten eine klare Sprache sprechen, können und sollten Unternehmen aktiv etwas gegen dieses Problem unternehmen.
Die Fakten in Deutschland
1. Deutschland schrumpft:
In 2009 lebten etwa 82 Millionen Menschen in Deutschland, 2060 werden es voraussichtlich nur noch 65 bis 70 Millionen laut statistischen Hochrechnungen sein. Die Geburten gehen weiter zurück, es sterben mehr Menschen als geboren werden, das Geburtendefizit wird auf mehr als das Dreifache zunehmen.
2. Wir werden immer älter:
Sind heute 20 Prozent der Bevölkerung 65 Jahre alt oder älter, wird im Jahr 2060 jeder Dritte mindestens das 65. Lebensjahr erreicht haben, das bedeutet über 30 Prozent der Bevölkerung sind im rentenfähigen Alter.
Heute sind etwa 50 Millionen Menschen zwischen 20 und 64 Jahre alt. Im Jahr 2060 werden es ca. 34 Prozent weniger sein.
3. Migration:
2008 hatten 15 Millionen Menschen einen Migrationshintergrund.
4. Weniger Schüler:
Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, besuchten nach vorläufigen Angaben im Schuljahr 2007/2008 in Deutschland rund 9,2 Millionen Schülerinnen und Schüler allgemeinbildende Schulen; das sind 157 000 (– 1,7 Prozent) weniger als im Vorjahr. Dieser Trend setzt sich fort.
5. Offene Ausbildungsstellen:
Im März 2011 gab es alleine noch 3.131 unbesetzte Ausbildungsstellen bei der Agentur für Arbeit in Köln und nur knapp 2000 Suchende.
Das Verhältnis gilt für ganz NRW.
Quelle aller Daten: Statistisches Bundesamt
Und Nun?
Was bedeuten diese Zahlen für die Druck- und Medienbranche?
Schauen wir auf den Nachwuchs. Die Verbände und ihre Ausbildungsstätten beraten seit Jahren Mitgliedsbetriebe bei der Auswahl von geeigneten Jugendlichen für die Ausbildungsberufe in der Branche. In diesem Jahr haben deutlich weniger Ausbildungsbetriebe Bewerbungen auf ihre ausgeschriebenen Stellen erhalten, als dies bisher der Fall war. Hinzu kam die Rückmeldung aus den Unternehmen, dass die Qualität der Bewerber nicht mehr dem gewünschten Profil entspricht. Das führte mitunter dazu, dass nicht die passenden Jugendlichen gefunden wurden und somit der Ausbildungsplatz unbesetzt blieb – zur großen Enttäuschung der Unternehmen, die gerne den eigenen Nachwuchs ausgebildet hätten.
Was können Druckereien selbst gegen Fachkräftemangel tun?
1. Ein Unternehmen muss sich heute attraktiv präsentieren – auch als Arbeitgeber. Dazu kann es die unterschiedlichsten Medien nutzen: Die eigene Homepage, die Image broschüre, aber auch die Sozialen Netzwerke.
2. Darüber hinaus ist aber auch die Präsenz in der Region und somit in Schulen, im Marketing Club der Stadt oder bei den ansässigen Sportvereinen wichtig – eben da, wo die jungen potentiellen Auszubildenden sein könnten oder aber deren Eltern. Ein Unternehmen sollte daher zwingend herausfinden, wo sich seine zukünftigen Mitarbeiter und/oder Auszubildenden aufhalten und bewegen.
3. Ein weiterer wesentlicher Punkt in diesem Zusammenhang ist, was ein Betrieb seinen Mitarbeitern bzw. Auszubildenden ganz konkret
bieten kann. Alle Aspekte und Vorzüge sollten definiert und herausgestellt werden – insbesondere in der Zeit der Ausbildung. Dies können z. B. zusätzliche Lernangebote oder ein eigener „online“- Arbeitsplatz sein. Oder dürfen die Auszubildenden früh eigenverantwortlich Aufgaben übernehmen? Werden ihre Ideen und Fähigkeiten genutzt und geschätzt?
4. Darüber hinaus sollte ein Unternehmen wissen, welchen „Typ“ Mitarbeiter es einstellen möchte, damit er auch zu der internen Philosophie und zu den Zielen passt.
5. Suchen Sie für Ihr Unternehmen nach Möglichkeiten, auf Sie als Arbeitgeber positiv aufmerksam zu machen. Sponsern Sie eine Schülerzeitung oder haben Sie schon mal daran gedacht, eine Schulklasse in den Betrieb einzuladen?
Eins ist klar: Die ambitionierten und engagierten Jugendlichen möchten alle Unternehmen gerne für sich gewinnen – sowohl die großen Konzerne als auch die kleineren Mittelständler.
Welche Unterstützung bieten die Verbände bei der Ausbildung junger Leute?
Die Verbände bieten ihren Mitgliedern an diversen Stellen eine proaktive Begleitung an. Beginnend mit der Entwicklung und Anpassung der Berufsbilder bringt der Verband regelmäßig die Trends der Medien und die Anforderungen der Unternehmen in die
Berufsbilder ein. Davon profitieren die Unternehmer direkt, denn durch attraktive Berufsbilder macht sich die Branche generell interessant. DVDs und weitere Broschüren stehen den Mitgliedern der Verbände für die Rekrutierung junger Auszubildender zur Verfügung. Ebenso begleiten die Verbände bei der richtigen Auswahl der Auszubildenden. Spezielle Eignungstests geben dem Unternehmer eine gute Orientierungshilfe, ob die notwendigen Fähigkeiten mitgebracht werden, um den zukünftigen Anforderungen in einer Druckerei gerecht zu werden. Mit dem ersten Tag der Ausbildung bieten die Ausbildungsstätten der Verbände diverse Möglichkeiten für den richtigen Start und für eine solide Basis für das spätere Berufsbild.
Möchten Sie Material zur Bewerbung der Berufsbilder für „Medienmacher“, dann fordern Sie diese in den Geschäftsstellen an.
2012 bietet die Akademie einen Workshop zur erfolgreichen Recruiting-Arbeit für das eigene Unternehmen. Teilnehmen können Personalverantwortliche und Ausbilder sowie Unternehmer.
Ansprechpartner
Simone Marhenke
Akademie Druck+Medien NRW e.V.
Tel.: 0 2306 /202 62-34
marhenke@vdmnrw.de