U12 Zeilensprungverfahren (Interlacing/Interlaced Scanning)

U12    Zeilensprungverfahren (Interlacing/Interlaced Scanning)

Auch bei diesem Thema habe ich versucht eine Übersicht zusammen zu tragen, die mögliche Fragestellungen der IHK abdecken sollte.

 

a. Grundlagen

• Das Zeilensprungverfahren stammt aus der Fernsehtechnik und wurde 1920 zur Verringerung des Bildschirmflimmerns entwickelt

• Die damalige Übertragungsfrequenz (UHF) konnte nur eine begrenzte Menge an Informationen übertragen (25 Pics./s), was ein starkes Flimmern und keinen sonderlichen Sehgenuss mit sich bringen würde.

• Beim Zeilensprungverfahren (Interlacing) wird jedes Bild in 2 Halbbilder aufgeteilt, die nacheinander gesendet und jew. Um eine Zeile versetzt auf den Bildschirm geschrieben werden.

==> Im ersten Halbbild (Upper-Field) werden alle ungeraden Zeilen angezeigt ( 1, 3, 5, 7...)

==> Im zweiten Halbbild (Lower-Field) werden alle geraden Zeilen angezeigt ( 2, 4, 6, 8 ...)

• Das menschliche Auge nimmt die einzelnen Zeilen nicht als flimmernd, sondern als wandernd wahr. Es integriert die Zeilensprünge im Idealfall zu einem Gesamtbild.

 

b. Standard-Daten des deutschen PAL

• ein Vollbild (Frame) hat 625 Zeilen, davon sind 587 (bzw. 575) sichtbar

• 25 Vollbilder pro Sekunde (= 40 ms für jedes Vollbild, davon 2,4 ms (= 32 Zeilen) unsichtbar für den Bildrücklauf)

• 833 Bildpunkte pro Zeile (= 520 625 Pixel pro Vollbild)

• Zeilendauer ist 64 μs, was einer Zeilenfrequenz von 15625 Hz entspricht (1 s / 625 Zeilen x 25 Vollbilder), davon sind ca. 52 μs sichtbar und 12 μs nicht sichtbar für den Zeilenrücklauf

• unter Berücksichtigung der Augenträgheit, der Rücklaufzeiten für Zeile und Bild und der Nachleuchtzeit des Bildschirms wird eine Videobandbreite von mindestens 5 MHz benötigt.

 

c. Vorteile

• Reduktion des Bildflimmerns

• Verringerter Bandbreitenbedarf

• Hohe vertikale (zeitliche Auflösung) → Voraussetzung: Das Quellmaterial ist im Filmmodus aufgezeichnet worden.

 

d. Nachteile

• Zeilenflimmern, besonders bei Fernsehern mit „modernen“ Bildröhren (erhöhte Auflösung)

==> Die Displays haben eine kürzere Nachleuchtzeit, die jedoch ein schärferes Bild liefert.

==> Durch die kürzere Nachleuchtzeit ist das zuerst geschriebene Halbbild ein wenig dunkler als das darauf folgende Halbbild. Dieser, wenn auch geringe, Helligkeitsunterschied bewirkt eine störende, besonders an detailreichen Teilen des Bildes wahrzunehmende Helligkeitsmodulation.

==> Der Effekt kann durch Erhöhung der Bildfolgefrequenz (100Hz) oder durch Konvertierung ("De-Interlacen") in progressive Abtastung vermieden werden. Letzteres erfordert dann allerdings auch die Wiedergabe auf progressiven Displays.

 

e. De-Interlacing „klassisch“

• Das Zeilensprungverfahren hat nur Sinn bei der Betrachtung am Fernseher, da PC-Monitore mit einer flimmerfreien, höheren Frequenz arbeiten.

• Das Zusammenführen von Halbbildern zu Vollbildern (De-Interlacing) hat verschiedene Gründe

==> Bestimmte Videoformate lassen keine Halbbilder zu (z.B. MPEG-1)

==> Oder um aus einem Video ein Standbild zu exportieren

• De-Interlacing Verfahren:

==> Zusammenlegen

i. Beim einfachen Zusammenlegen von Halbbildern entsteht eine Kammstruktur bzw. eine Sägezahneffekt.

==> Interpolieren

i. Hierbei werden bei den Teilen beider Halbbilder, die sich unterscheiden (Kämme) interpoliert und Mittelwerte gebildet.

==> Halbieren

i. Die Hälfte der Halbbilder wird einfach weggelassen. Da dadurch die Anzahl der Zeilen halbiert wird. Das hat allerdings auch die Halbierung der Bildhöhe, oder um das Seitenverhältnis zu erhalten, auch der Bildgröße zur Folge.

ii. Die Methode empfiehlt sich wenn die Bildgröße ohnehin reduziert werden sollte.

• Nachteile des De-Interlacing Verfahrens

==> Es ist nur unter Verlust durchzuführen

==> Schmale Strukturen können leicht verschwinden

==> Schräge Kanten werden ggf. stufig dargestellt

==> Bei der Interpolation können Bereiche „matschig“ aussehen

==> Das Video hat dann nur 25 Bilder/s, was nur akzeptabel ist, wenn Dateigröße wichtiger ist als Bildqualität

 

f. Von Interlaced (analog) zu Progressiv (digital)

• Aufnahmegeräte die ein Band oder DVD als Medium verwenden zeichnen → Interlaced auf

• Aufnahmegeräte die SD-Karten o.ä. als Medium verwenden zeichnen → Progressiv auf

• Da digitales Video komprimiert ist, steht wesentlich mehr Bandbreite zur Verfügung und Bilder können mit höherer horizontaler und vertikaler Auflösung (= Vertikalfrequenz) dargestellt werden. Ein Zerlegen von Vollbilder in Halbbilder und das Verschachteln sind nicht mehr notwendig. Es können Vollbilder vollständig ohne Zeilensprung (progressiv oder non-interlaced) flimmerfrei dargestellt werden.

==> Ein Nachteil der progressiven Abtastung ist die im Vergleich zum Interlaced Video bei gleicher Vertikalfrequenz deutlich verringerte zeitliche (vertikale) Auflösung. Bei schnellen Bewegungen im Bild können diese dann ruckelig wirken.

• Bei der Umwandlung von Interlaced Videos zu Progressiv MUSS! Die Funktion De-Interlacing genutzt werden, da es sonst zu schweren Interlaced-Artefakten kommen kann.

 

g. De-Interlacing bei der Umwandlung

• Weave

==> Im Weaver-Modus wird kein Deinterlacing vorgenommen. Beide Halbbilder werden ineinander verwoben. Bei im Kamera-Mode aufgezeichneten Videos können starke Interlace-Artefakte auftreten. Weave eignet sich nur für im Film-Mode aufgenommene Videos.

• Angleichen/Blending

==> Beide Halbbilder werden durch Zeilenverdopplung zu Vollbildern gewandelt. Jede Zeile des Bildes wird aus dem Mittelwert einer Zeile aus dem ersten Halbbild und einer Zeile aus dem zweiten Halbbild berechnet. Da der zeitliche Zusammenhang zwischen den Halbbildern durch das Mischen verloren geht, eignet sich Blending nur für Videos im Kamera-Modus. Videos im Film-Mode ruckeln stark.

• Wippen/Bobbing

==> Beide Halbbilder werden durch Zeilenverdopplung (per Interpolation zwei benachbarter Zeilen eines Halbbildes) zu Vollbildern gewandelt. Beide Vollbilder werden nacheinander gezeigt. Das Bild wird beim Bobbing zwar etwas weichgezeichnet, der temporale Zusammenhang zwischen den Halbbildern bleibt aber erhalten, was zu flüssigen Bewegungen führt.

• Verwerfen/Skip/Discard

==> Ein Halbbild wird mittels Interpolation zwei benachbarter Zeilen des Halbbildes zu einem Vollbild gewandelt. Das zweite Halbbild wird verworfen. Das deinterlacete Bild ist recht stark weichgezeichnet.

• Linear

==> Das Prinzip ist ähnlich wie beim Bobbing. Nur werden die Zeilen des zweiten Halbbildes aus den benachbarten Zeilen des ersten Halbbilds linear interpoliert. Zeile 2 wird also aus Zeile 1 und Zeile 3 berechnet.

• Adaptive Verfahren

==> Ein adaptives Deinterlacing kann nur mit erheblichen Hardwareaufwand und Prozessorleistung durchgeführt werden. Zur Berechnung eines bestimmten Vollbildes werden mehrere weitere vorangegangene und nachfolgende Vollbilder in einem Bildspeicher gehalten und miteinander verglichen. Sich bewegende Bildanteile werden mittels Mustererkennung detektiert und aus den Änderungen werden Bewegungsvektoren berechnet. Diese werden dann auf das zu bearbeitende Bild angewendet.

==> Die meisten Signalprozessoren in Flachbildschirmen verwenden adaptives Interlacing.

 

h. Exportieren von Videos aus Schnittprogrammen

• Interlaced ist immer dann zu wählen, wenn die Quelle analoges Video im Zeilensprungverfahren von VCR, Camcoder, TV oder in den digitalen Formaten DV, MiniDV, DVCAM, Digital8, HDV, DVCPro ist.

• Progressiv ist nur bei progressiv abgetasteten Quellen wie progressives digitales Video von Camcordern (z.B. MPEG-4 AVC/AVCHD, H.265 HEVC) oder DVD und Blu-ray einzustellen. MPEG-1 (CDi, VCD) ist übrigens immer progressiv!

• Videos von der DVD können sowohl interlaced oder als auch progressiv sein (je nachdem wie sie gedreht worden sind: Chemischer Film / Analog-Videokamera / Digitalkamera).

Bewertung: 
5
Durchschnitt: 5 (1 Stimme)