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3.2 Standardisierte Zuschnitte - 3.2.1 Auswahl standardisierter Zuschnitte mit Hilfe des ECMA-Kataloges (Karton und Vollpappe)

Die 1960 gegründete European Carton Makers Association (ECMA) veröffentlichte den ECMA-Code, ein Katalog standardisierter Stanzverpackungen und Faltschachteln, der 2009 überarbeitet wurde. Dieser Katalog listet alle Grundformen und deren Variablen. Diese sind durch ECMA-Codes gekennzeichnet, die wichtige Grundlage für die Arbeit und Kommunikation in der Packmittelindustrie sind. Konstruktionsdetails fehlen, sie sind aber Grundlage für die Datenbanken von CAD-Programmen, mit denen Verpackungen konstruiert werden.
Wir gehen hier auf das Katalogsystem von ECMA ein und zeigen auf, wie und wo der Katalog eingesetzt werden kann.

Eine Klassifizierung der verschiedenen Faltschachteltypen ist die Grundvoraussetzung für eine Zusammenarbeit, wenn keine visuelle Unterstützung möglich ist. Allein durch die Code-Nummer und Angabe von A/B/H (ECMA) kann eine Konstruktion definiert werden. Bei einer computergestützten Packmittelentwicklung ist die Struktur der Datenbanken von CAD-Systemen nach ECMA ausgerichtet.

Die Grenzen einer Katalogisierung von Faltschachteltypen werden jedoch angesichts der Unmenge von Variablen und Sonderformen offensichtlich. Der ECMA-Katalog liefert keine Konstruktionsdetails. Die Aufgabe des Kataloges beschränkt sich ausschließlich auf die Katalogisierung von Grundformen und ihren Variablen.

Konstruktionsdetails können nur über eine DIN oder eigene Skizzen wiedergegeben werden. DIN steht für Deutsches Institut für Normung. DINs sind Normen, die bestimmte Standards festlegen. Die DIN verwendet eigene Bezeichnungen für die unterschiedlichen Variablen. Zurzeit ist nur eine DIN für die Standardfaltschachtel bekannt. In der DIN 55 522 werden die Details der Standardfaltschachtel nach ECMA A20.20.01.03.M/A bis A20.20.03.03.M/A beschrieben.


Abb. 198: Standard-Faltschachtel (Quelle: Eigene Darstellung)

Beispiel der Standard-Faltschachtel A20.20.03.01 M/A: Dabei handelt es sich um eine Faltschachtel mit wechselseitigen Einstecklaschen. Wir fassen zusammen: Der ECMA-Code dient in erster Linie der Kommunikation zwischen Kunde, Lieferant und der Datenbank einer computergestützten Packmittelentwicklung. Die gelisteten Konstruktionen im ECMA-Katalog enthalten keine Konstruktionsdetails.

In der Regel bestimmt das zu verpackende Produkt, wie die Verpackung aussieht. Aus diesem Grunde sind neben den Grundformen die verschiedensten Variablen notwendig. Durch die Variablen der Grundformen hat man die Möglichkeit, die Packung so zu gestalten, dass die Erfordernisse des Packgutes optimal erfüllt werden.

Mit der Überarbeitung der Ausgabe des ECMA-Codes vom September 2009 wurde das Nummernsystem geändert. ECMA kennt insgesamt sieben Bautyp-Gruppen. Die siebte Gruppe X ist Verschlüssen und Hilfsvorrichtungen aller Gruppen vorbehalten.

Bautyp-Gruppen ECMA

Gruppe A: Faltschachteln rechteckig mit Längsnahtklebung

Gruppe B: Faltschachteln rechteckig ohne Längsnahtklebung

Gruppe C: Faltschachteln nicht-rechteckig mit Längsnahtklebung

Gruppe D: Faltschachteln nicht-rechteckig ohne Längsnahtklebung

Gruppe E: Faltschachteln mit Produktbezug oder -integration

Gruppe F: sonstige Faltschachteln

Gruppe X: Verschlüsse/Hilfsvorrichtungen für alle Gruppen

Die ECMA-Codenummer setzt sich aus dem Bautyp und mehreren Variablen zusammen. Für jeden Bautyp gibt es eine Matrix, nach der die Codenummer erstellt wird.


Abb. 199: Bautyp-Schlüssel (Quelle: Eigene Darstellung)

Neben dem Bautyp gibt es nun auch eine Kennzeichnung dafür, ob eine Konstruktion manuell oder automatisch zu konfektionieren ist (konfektionieren = aufrichten, befüllen, verschließen etc.). Diese Kennung wird an den eigentlichen Code angehängt. Beispiel: A20.20.03.01 M/A

M: manuelles Konfektionieren / Aufrichten
A: automatisches Konfektionieren / Aufrichten
M/A: manuelles oder automatisches Konfektionieren / Aufrichten
M+A: erfordert manuelles und automatisches Konfektionieren / Aufrichten

Im nächsten Schritt sehen wir uns anhand von Beispielen an, nach welcher Logik der Code aufgebaut ist.


Abb. 200: ECMA A20.20.03.01 M/A – Standard-Faltschachtel mit wechselseitigen Einstecklaschen – Ansicht von der Druckseite (Quelle: Eigene Darstellung)

Beispiel: Standard-Faltschachtel 1
ECMA-Code der Standard-Faltschachtel, wie im Beispiel ermittelt: A20.20.03.01 M/A

Wir fassen zusammen:
A = Standardfaltschachtel mit Längsnahtklebung
20 = Boden mit Einsteckverschluss
20 = Deckel mit Einsteckverschluss
03 = Anlenkung des Einsteckverschlusses Seite 3 unten
01 = Anlenkung des Einsteckverschlusses Seite 1 oben
M/A= Konfektionierung manuell und automatisiert möglich

Beispiel: Standard-Faltschachtel 2
ECMA-Code der Standard-Faltschachtel, wie im Beispiel ermittelt: A55.20.01.03 M


Abb. 201: ECMA A55.20.01.03 M – Faltschachtel mit Steckboden Ansicht von der Druckseite (Quelle: Eigene Darstellung)

Wir fassen zusammen:
A = Standardfaltschachtel mit Längsnahtklebung
55 = Boden mit Steckverschluss
20 = Deckel mit Einsteckverschluss
01 = Anlenkung des Steckverschlusses Seite 1 unten
03 = Anlenkung des Einsteckverschlusses Seite 3 oben
M = Konfektionierung nur manuell möglich

Beispiel: Tray mit 4-Punkt-Klebung


Abb. 202: ECMA B40.22.00.00 M – Tray mit 4-Punkt-Klebung – Ansicht von der Druckseite (Quelle: Eigene Darstellung)

ECMA-Code des Trays, wie im Beispiel ermittelt: B40.22.00.00 M

Wir fassen zusammen:
B = Faltschachtel ohne Längsnahtklebung
40 = Tray geklebt, vier einfache Seitenwände
22 = geklebte Ecke/Klappe, nicht staubdicht, nach innen einklappbar
00 = nicht definiert
00 = nicht definiert
M = Konfektionierung nur manuell möglich

Beispiel: Faltschachtel mit Längsnahtklebung und Tragegriff


Abb. 203: ECMA A55.00.03.00.82M – Faltschachtel mit Längsnahtklebung und Tragegriff – Ansicht von der Druckseite (Quelle: Eigene Darstellung)

ECMA-Code der Standard-Faltschachtel, wie im Beispiel ermittelt: In diesem Beispiel wird der Code um 2 Ziffern zur Beschreibung einer Sonderfunktion erweitert. (siehe X)

Erläuterung zu X: Code mit Sonderfunktion:

• A, B, C, D, F für die Gruppe
• 4 Ziffernpaare für die Variablen
• 1 Ziffernpaar für die Sonderfunktion
• M, A für manuelles oder automatisiertes Konfektionieren
• M/A für manuelles und automatisiertes Konfektionieren

 
ECMA-Code der Faltschachtel, wie im Beispiel ermittelt: A55.00.03.00.82M

Wir fassen zusammen:
A = Standard-Faltschachtel mit Längsnahtklebung
55 = Boden Steckverschluss
00 = nicht definiert
03 = Anlenkung des Steckverschlusses Seite 3 unten
00 = nicht definiert
82 = 2 Hauptklappen mit Hohldeckel
M = Konfektionierung nur manuell möglich

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