10.4.2 Weiterverarbeitungsmaschinen für Packmittel aus Karton und Wellpappe

Stanzmaschinen

Handstanztiegel

Zur Herstellung von Stanzzuschnitten (fassonierte Zuschnitte) für Kleinauflagen werden Stanztiegel eingesetzt. Dabei muss jeder Bogen von Hand in die Maschine eingelegt und nach der Bearbeitung auch wieder manuell entnommen werden. Das Ausbrechen des Abfalls und das Trennen der Nutzen erfolgt grundsätzlich von Hand.

Aufbau:
1. Grundgestell:
• besteht aus Schweißkonstruktion (selten noch Gusskörper) mit einer schräg liegenden Aufspannfläche für den Bandstahlschnitt.
• besitzt Führungen für die Tiegelschaukel.

2. Tiegelschaukel (Tiegelschwinge):
• aus einer Schweißkonstruktion bestehender Körper mit plan gearbeiteter Aufspannfläche für die Stanzplatte.
• führt die eigentliche Arbeitsbewegung aus.
• sichert über ihre Führungen im Grundgestell ein genau paralleles Anpressen der Stanzplatte an die Aufspannfläche der Stanzform im Grundgestell.

3. Zugstangen:
• Je nach Modell können in den Zugstangen neben den exzentrischen Einstellbuchsen auch Einrichtungen zur Justierung der Parallelität der Tiegelschwinge eingebaut sein.

4. Einstellbuchsen:
• Sie sind unabhängig voneinander einstellbar, sodass entsprechend der Messeranordnung in der Stanzform auch unterschiedliche Drücke links und rechts realisiert werden können.

5. Antriebszahnräder:
• Zahnraduntersetzungen verwenden Pfeilzahnräder und vermindern dadurch ruckartige und geräuschvolle Bewegungen.

Arbeitsweise: Die zu verarbeiteten Materialstapel liegen neben der Maschine.

Arbeitsweise:
Die zu verarbeiteten Materialstapel liegen neben der Maschine. Die Bedienperson entnimmt jeweils einen Bogen vom Stapel und legt diesen auf die Oberfläche der Gegenstanzplatte. Für eine genaue Anlage dienen Anlegemarken. Durch Tasterbetätigung auf dem Frontschutzbügel oder einem hängenden Bedientableau wird die Tiegelschaukel durch die beiden Zugstangen gegen den auf der Aufspannfläche des Grundgestells befestigten Bandstahlschnitt gezogen und dadurch bearbeitet.

Bei großen Zuschnitten wird entweder mit zwei Personen eingelegt oder es wird im Einzelhub gefertigt. Bei normalgroßen Stanzformaten wird im Dauergang mit einer von der Bedienperson gewählten Verzögerung gefahren.


Abb. 10.4.2.2: Produktion bei der Bunkus GmbH. Foto: Klaus Markward

Die Einzelnutzen dürfen nicht ganz getrennt werden, weil sie sonst beim Entnehmen und Ablegen des Bogens abfallen könnten. Deshalb müssen die Schneidlinien im Werkzeug durch Haltepunkte unterbrochen werden. Das Ausbrechen der Zuschnitte, das Entfernen des Stanzrandes und der Abfallstücke muss in einem separaten Arbeitsgang unabhängig von der Maschine in Handarbeit erfolgen.

Schutzeinrichtungen:
Stand der Technik sind heute Laserscanner an der Maschine, die beide Seiten und den Bereich zwischen Oberkante Stanzplatte am Grundgestell sowie der Vorderkante der Tiegelschwinge überwachen. Außerdem kommen Schutzbügel, Plexiglasabdeckungen, Begrenzungstische beziehungsweise Trittmatten zum Einsatz.


Abb. 10.4.2.3: Handstanztiegel mit Trittschutzmatten


Abb. 10.4.2.4: Handstanztiegel mit Laser-Sicherheitssystem

Vorteile dieses Systems:
- Stark verkürzte Reaktionszeiten
- sofortiges sicheres Abschalten
- optimale Zugänglichkeit des Tiegels
- komplett freie Arbeitsebene
- Gitter entfallen
- ungehindertes freies Einlegen des Bogens
- geringerer Platzbedarf
- Trittschutzmatten und Bügel entfallen

Flachbettstanze
Diese Maschinen werden auch als Vertikalstanzautomaten beziehungsweise Autoplatinen bezeichnet. Sie werden für größere Auflagen eingesetzt.
Es wird grundsätzlich immer nur ein Bogen, der automatisch einem Stapel entnommen, durch die Maschine gezogen und auf einen Stapel abgelegt wird, bearbeitet. Die Bogen mit mehreren Nutzen können gleichzeitig gestanzt, gerillt, perforiert oder geprägt werden. Von der Planlage der Bogen hängt maßgeblich die Leistung, die Passergenauigkeit von Druck und Stanzung sowie der störungsfreie Lauf der Maschinen ab.

Flachbettstanzen werden zur Verarbeitung von Karton, Voll- und Wellpappe eingesetzt. Sie werden von unterschiedlichsten Herstellern (z.B. Bobst, Heidelberg) gebaut. Die Bogenformate liegen von 580 mm x 450 mm bei Karton bis zu 2100 mm x 1300 mm bei Wellpappe. Die zu verarbeitenden Materialien können eine flächenbezogene Masse von 80 – 3000 g/m² haben und eine Dicke von 0,1 – 10 mm aufweisen. Die Verarbeitungsgeschwindigkeiten liegen zwischen 3000 – 10000 Bogen/Stunde. Die Stanzkraft einer Maschine kann je nach Größe bis 500 t reichen.

Hier eine Aufstellung gängiger Maschinendaten:


Abb. 10.4.2.5: Aufstellung gängiger Maschinendaten (Quelle: Bobst Group SA)

Vorteile dieses Systems:
Flachbettstanzen eignen sich bestens für die Produktion von:
• hohen Auflagen
• Schleppnutzen
• komplizierten Zuschnitten, die sauber vom Abfall getrennt, exakt gefertigt und gezählt werden.

Die Produktivität einer Flachbettstanze hängt wesentlich von folgenden Faktoren ab:
• Maschinenzustand und technische Ausrüstung
• Ausbildung der Maschinenbesatzung
• Qualität und Planlage der eingesetzten Formate
• Organisation des gesamten Umfeldes (Werkzeuge, Farben, Klischees)
• Wartung und Instandhaltung


Abb. 10.4.2.6: Zuordnung der einzelnen Maschinenabschnitte (Quelle: Bobst Group SA)

Arbeitsweise:
Eine Flachbettstanze besitzt einen Antriebsstrang mit Antriebsmotor, Schwungrad und Wellen sowie Kupplung, Bremse und Sicherheitsschnecke und einen Transportstrang mit Kette und Greiferwagen (Balken) mit Sicherheitsverriegelung. Der unterste Bogen eines Stapels wird durch eine Einlassschranke (Einstellung auf Materialstärke) mittels einer Ansaugplatte den Greiferstangen zugeführt.

Die Greiferstangen sind mit mechanischen Greifern ausgerüstet, die sich öffnen, den Bogen erfassen und festklemmen. Die Greiferstangen werden von zwei parallel laufenden Ketten durch die Maschine geführt. Der Bogen wird so von Station zu Station durch die gesamte Maschine bis zur Greiferrandabtrennung geführt.


Abb. 10.4.2.7: Zu sehen sind hier Greifer. Diese greifen den Bogen und transportieren ihn durch die Maschine. (Quelle: Bobst Group SA)


Abb. 10.4.2.8: Greiferstange mit den Greifern (Quelle: Bobst Group SA)

Arbeitsgänge:
• Beschicken und Anlegen
• Stanzen (Fassonieren)
• Ausbrechen
• Greiferrandabtrennung
• Ablage
• Nutzen trennen (maschinell oder manuell)

Die Maschinenstationen haben folgende Aufgaben zu erfüllen:

Beschicker: Insbesondere bei großen Formaten beziehungsweise schwerer Wellpappe wurde das Einlegen von Hand automatisiert. Der Stapel läuft auf der Rollenbahn in die Anlage mit Hebebühne. Ein Schieber bewegt ein Paket Wellpappe zum Einschub auf einen Tisch der Stanzmaschine. Dort erfolgt durch Riemen und einen beweglichen Anschlag die Schuppung der Bogen; diese werden durch Förder-bänder in den Einschub der Stanzmaschine gebracht.


Abb. 10.4.2.9: automatische Stapelzuführung in das Anlagesystem (Bogenzuführung)

Registersystem (Power Register): Dieses System ermöglicht eine Stanzung, die genau dem Druckbild entsprechend durchgeführt wird. Die Ausrichtung erfolgt anhand der Bogenvorder- beziehungsweise Seitenkante oder durch eine Kontrollkamera, die die Position der Druck- und Stanzmarken liest. Bogen, die außerhalb der Toleranz liegen, werden über eine Ausschleusestation ausgeschieden.


Abb. 10.4.2.10: Power-Register II


Abb. 10.4.2.11: Registerkontrolle durch Kamera (Quelle: Bobst.com)

Einschub: Er besteht aus einem vorderen Anschlag mit Einlassschranke, den Seitenanschlägen (Geraderichter gegebenenfalls mit Gebläse für sicheres Zuführen von dünnem Material), der hinteren Bogenabstützung und gegebenenfalls hinteren Geraderichtern für eine perfekte Bogenausrichtung. Der Einschub erfolgt mit Saugplatte und teilweise mit Teleskopsaugnäpfen.


Abb. 10.4.2.12: Einschub


Abb. 10.4.2.13: Seitenanschläge mit Geraderichter


Abb. 10.4.2.14: hintere Bogenabstützung


Abb. 10.4.2.15: Saugplatte


Abb. 10.4.2.16: Stanztiegel (Quelle: alle Fotos bobst.com)

Die Stanzbewegung wird senkrecht (vertikal) ausgeführt. Die Stanzform wird mit den Messern und biegevorbereitenden Linien nach unten hängend in einen Schließrahmen montiert.


Abb. 10.4.2.17: linkes Bild – die Montage der Stanzform im Schließrahmen ist korrekt ausgeführt. Rechtes Bild – die Befestigungsschrauben sind zu stark angezogen, somit hat sich der Schließrahmen verzogen. (Quelle: Bobst Group SA)


Abb. 10.4.2.18: Im oberen Schaubild sind in der Stanzform keine Druckausgleichslinien eingesetzt, der Stanztiegel wird ungleich belastet. Um dieses zu verhindern, werden Stanzlinien eingebaut (untere Abbildung).

Hierbei unterscheidet man folgende Vertikalstanzsysteme:

1. Bewegter Untertisch

Abb. 10.4.2.19: bewegter Untertisch (Quelle: Bobst Group SA)

Ein beweglicher Stahltisch (Tiegel) wird durch vier Pleuelstangen und vier Kniehebelgelenke nach oben, d.h. gegen die Stanzform, gedrückt. Beim Absenken des Tiegels muss die Gummierung den Bogen aus der Stanzform drücken.

2. Bewegter Obertisch (System Heidelberg):

Abb. 10.4.2.20: bewegter Obertisch

Der Obertisch wird von einem Exzenterwellenantrieb gegen die schwere ruhende Masse des Untertisches bewegt. Damit bewegt sich der zu verarbeitende Bogen immer horizontal auf einer Ebene durch die Maschine.

3. Ausbrechstation:

Abb. 10.4.2.21: Ausbrechstation (Quelle: Bobst Group SA)

In dieser Station werden die Abfälle am Bogenrand (links, rechts, hinten) und innerhalb der Nutzen ausgestoßen. Es bleibt nur der für den Weitertransport notwendige Greiferrand mit den anhängenden Nutzen verbunden.

Das Ausbrechwerkzeug für Wellpappbogen besteht aus zwei Teilen: Das untere (auch „mittlere“ genannt) Ausbrechbrett ist eine 12 mm dicke Sperrholzplatte, auf der alle im Zuschnitt auszustoßenden Teile sichtbar sind. Das obere Ausbrechwerkzeug besteht aus einer 15 mm dicken Sperrholzplatte, auf der die Konturen der Verpackung aufgebracht sind. An den Stellen, wo Abfall durch das untere Werkzeug ausgestoßen werden soll, befinden sich Ausbrechstifte, Ausbrechstreifen aus Metall oder Holzteile. Schaumgummiblöcke oder -streifen dienen als Niederhalter und verhindern, dass sich die gestanzten Zuschnitte im oberen Ausbrechwerkzeug festklemmen.

Die beiden Werkzeuge liegen bei der Produktion übereinander. Der Wellpappbogen wird mit der Greiferschiene zwischen die beiden Werkzeuge eingeführt. Der Hub des Stanztiegels wird über Hebel in die Ausbrechstation übertragen und damit der Abfall von oben nach unten durch das untere Ausbrech-werkzeug ausgestoßen.

Abtrennen des Greiferrandes: Die Greiferschiene fährt nach dem Ausbrechvorgang in die Abtrenn-vorrichtung des Greiferrandes. Der Greiferrand ist noch über kleine Materialbrücken mit dem Bogen verbunden.


Abb. 10.4.2.22: In diesem Segment wird der gestanzte und ausgebrochene Bogen vom Greiferrand abgetrennt und je nach Einstellung als gezähltes Paket abgelegt. (Quelle: Bobst Group SA)

Je nach Maschinenhersteller und -typ kann das Abquetschen der Haltepunkte auch durch die Bewegung des Greiferbretts gegen eine Stahlkante erfolgen. Zum Abschlagen des Greiferrandes ist ein auftragsbezogenes oberes und unteres Abschlagbrett einzusetzen. Die Bretter bestehen aus 15 Millimeter dickem Sperrholz oder Multiplexplatten. Die Distanz zur Stanzkontur ist je nach Material unterschiedlich. Im Allgemeinen gilt: Je steifer das Material, desto größer ist die Distanz.

Der gestanzte Bogen fällt auf die Zähleinrichtung und läuft als Paket in die Nutzentrennstation. Der Greiferrandstreifen verbleibt in der Greiferschiene und wird nach dem Öffnen der Greiferfedern seitlich aus der Maschine ausgestoßen.

Ablage: Die Maschine verfügt über eine Ganzbogenablage für ausgebrochene oder nicht ausgebrochene Bogen. Hier kann die Anzahl der übereinander gelegten Zuschnitte bestimmt werden. Die Anzahl wird vom einrichtenden Personal in Abhängigkeit von der Materialstärke oder nach Kundenwunsch eingestellt. Danach kann alternativ die Nutzentrennung in der Maschine erfolgen.

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