8.1.3 Programmtechnik
Bei der Konstruktion von Standardverpackungen kann in der Regel auf Designbibliotheken zurückgegriffen werden (Designbibliotheken = fertige Konstruktionen, die im Programm hinterlegt sind).
• ECMA (European CartonMakers Association) für Verpackungen aus Karton und
• FEFCO (European Federation of Corrugated Board Manufacturers) für Verpackungen aus Welle.
In diesen Bibliotheken (Bibliothek = Sammlung verschiedener Laschen) sind sowohl Bausteine verschiedener Konstruktionselemente wie auch fertige Konstruktionen hinterlegt. Diese können durch die Eingabe der Code-Nr. und der A/B/H Maße aufgerufen oder auch miteinander kombiniert werden. Abbildung 8.7 zeigt an einem einfachen Beispiel, wie eine Bibliothek oder ein Standard (Standard = Sammlung aus verschiedenen Konstruktionen, die aus den verschiedenen Laschen einer Bibliothek zusammengesetzt wurden) aufgebaut ist. Eine Standardkonstruktion besteht aus einem Body und verschiedenen Laschen. Die Machart einer Konstruktion wird durch die ECMA- oder FEFCO-Nummer festgelegt. Je nach Konstruktionstyp bekommt ein Body zum Beispiel die Lasche „T1a“, „T1b“, „Glue 1“ oder „Glue 2“.
Abb. 8.7: Modularer Aufbau ECMA A11.20.01.01 (Quelle: Eigene Darstellung)
Neben den mit der Software mitgelieferten Standards für die vollautomatische Konstruktion kann der Entwickler auch eigene Standards schreiben und so nach seinen eigenen Erfahrungen werkstoffbezogene Parameter, wie zum Beispiel Zugaben, als Funktion der Materialdicke oder des Gewichtes, einbringen. Beispiel für Parameter/Einflussgröße: Durch Änderung der Materialdicke ändert sich auch das Versatzmaß.
Die Möglichkeit der Definition und Speicherung von verschiedenen Bausteinen gestattet es, immer wiederkehrende Formen einmal festzulegen und dann bei Bedarf wieder aufzurufen. Dabei können solche Bausteine 1:1 übernommen oder auch erst im Zuge der Konstruktion auf das gewünschte Maß gebracht werden. Eine Zusatzeinrichtung ermöglicht es, nicht definierte Figuren oder komplizierte Zuschnitte von einer Zeichnung mit einem Digitiser abzutasten und direkt in die Konstruktion einzugeben. Diesen Vorgang nennt man „Digitalisieren“.
Wenn die Daten im CAD-Programm erst einmal erfasst sind, kann die Konstruktion am Bildschirm aus allen Perspektiven angeschaut, verschoben oder auf andere Weise verändert werden. Zugleich liefert das Programm auch für andere Betriebsbereiche die erforderlichen Daten. Im CAD konstruierte Details können ausgeschnitten, kopiert, gespiegelt, gedreht, verschoben und formatiert werden, ohne die grundlegende Zeichnung zu verändern.
Die Konstruktion kann in mehrere Ebenen oder Sektionen aufgebaut werden. Ebenen oder Sektionen sind wie transparente Folien zu verstehen, die einzelne Konstruktionsbereiche aufnehmen und gemeinsam die endgültige Konstruktion darstellen. Jede Ebene kann geändert werden, ohne die anderen Ebenen zu beeinflussen. Bei der Arbeit mit CAD-Systemen ist es sehr einfach, die Konstruktionsdaten im gewünschten Datenformat für nachfolgende Arbeitsgänge wie Kalkulation, Druckvorstufe oder Stanzformenbau bereitzustellen.
Im Folgenden soll die grundlegende Funktionsweise eines Programmbefehls an einem Beispiel beschrieben werden. Je nach System und Programmiersprache werden sich die Befehle und Zeichen natürlich unterscheiden. Das Beispiel soll zur Veranschaulichung nur einen kurzen Programmabschnitt zeigen.
Typ : Faltschachtel Box A11.20.01.01 mit oder ohne Magazinschlitze
# -------------------------------------------------------------------------
# Kontrolle, ob Maß „A“, „B“ oder das „H“-Maß unterschritten wird.
#
"Wenn A kleiner 15 mm, B kleiner 15 mm und H kleiner 10 mm ist, wird die Konstruktion mit exit abgebrochen“
%Y{if(A<15||B<15||H<15)[print "%162";exit]}
"Abfrage auf zusätzlichen Optionen und Art der Lasche. Wird bei Antwort 4 (Magazinschlitze) „1“ ausgewählt, (1 ist nein) kommt [flag=2] eine Seitenlasche ohne Magazinschlitze zum Einsatz"
%Y{askif antw1 0 "%336"} # Vermassung j/n
%Y{askif antw2 0 "%112"} # Matrize j/n
%Y{askif antw3 0 "%761"} # Aendern der Konstanten
%Y{askif antw4 0 "%766"} # Magazinschlitze j/n
%Y{if (antw4==1)[flag=2]}
"Programmzeile zur Festlegung der Länge einer Seitenlasche. Grundformel (e+f+x)/2 mit den Parametern, dass die Lasche „g“ mindestens 12 mm und maximal 30 mm sein darf. Parameter = Festlegung von Maßen, denen die Werte entsprechen müssen."
%Y{g=(e+f+x)/2}
%Y{if(g<12/fact)g=12/fact}
%Y{if(g>30/fact)g=30/fact}
Nach der Beantwortung aller im Menü gestellten Abfragen wird die Konstruktion automatisch erstellt.
Die folgenden Tabellen geben einen Einblick darüber, wieviele Parameter notwendig sind, um eine Standardfaltschachtel zu beschreiben, d.h. zum Aufruf einer Konstruktion aus der Bibliothek.
Abb. 8.8: Tabellen zur Errechnung der Variablen (Quelle: Eigene Darstellung)
Um die Zuordnung der einzelnen Parameter zu erleichtern, sind diese in der folgenden Grafik erläutert.
Abb. 8.9: Bezeichnung der Parameter und Variablen (Quelle: Eigene Darstellung)
A = Länge
B = Breite
H = Höhe
C = Klebelasche
e = Deckel
g = Seitenklappe
r = Radius
f = Einstecklasche
y = Verriegelungsschlitz
w = Einzugsmaß
z = Verriegelungssteg
v = Versatzmaß
x = Versatzmaß
d = Materialdicke
Inzwischen ist es bei den gängigen CAD-Systemen auch möglich während der Konstruktion von Laschen oder Standards diese aufzuzeichnen, mit Parametern zu versehen und dann als Standard abzuspeichern. Je nach Konstruktionstyp kommen noch weitere Parameter und Variablen zum Einsatz. Die computergestützte Packmittelentwicklung mit den entsprechenden Standard-Programmen hat die verfügbare kreative Zeit verlängert. Sie hat jedoch – bedingt durch die zur Verfügung stehenden Daten – auch mehr Verwaltungsaufgaben und Dienstleistungen in die Entwicklungsabteilungen gebracht.
Durch die im Programm und den Standards hinterlegten Vorgaben und Tabellen ist es heute innerhalb weniger Minuten möglich, eine neue Standardverpackung zu entwerfen, diese zu dokumentieren und Muster zu schneiden. In der Eingabemaske der CAD-Software sind dazu in der Regel nur wenige Daten einzutragen. Neben den kundenspezifischen Angaben, wie Kunde oder Kundennummer, werden noch die technischen Angaben zur Konstruktion benötigt. Dazu zählen: Konstruktionsnummer, ECMA-Code, A/B/H-Maße, Materialdicke oder g/m², Materialqualität und Faserlauf.
Zusätzliche Angaben für die Dokumentation oder für nachfolgende Abteilungen (zum Beispiel Kalkulation) können je nach Anforderung unter anderem auch Gewicht und Fläche der Konstruktion, das offene Format, das verklebte Format, die Nutzeneinteilung, das Bogenformat, Abfall in Prozent, der Name des Entwicklers und das Datum der Erstellung ausgegeben werden. Mit entsprechender Software ist es möglich, Bilder und / oder Texte auf die Kontur aufzulegen und im 3D-Modus auf Passgenauigkeit zu überprüfen.
Die erstellten 3D-Modelle können dem Kunden zur Ansicht per Mail übermittelt werden. 3D-Darstellungen werden zunehmend nicht nur zur Kundenpräsentation, sondern auch zur Funktionsprüfung verwendet. 3D-Darstellungen sind hervorragend für die Kundenpräsentation einer neuen Verpackung geeignet. Sie leisten aber auch wertvolle interne Dienste, weil sie im Vorfeld bereits Konstruktionsfehler sichtbar machen.
Abb. 8.10: Prüfung Farbübergang (Quelle: Eigene Darstellung)
Abb. 8.11: Fehlerhafte Überfüllung. (Überfüllung = die Farbe wird so weit über die Schnitt- oder Biegekanten geführt, bis keine Farblücken mehr zu sehen sind.) (Quelle: Eigene Darstellung)
Bei aufwändigen Konstruktionen und anspruchsvollem Druckbild kann mittels eines Faltmoduls auch ein Bild- oder Farbübergang digital überprüft werden. Schon vor dem Druckgang kann so geprüft werden, ob eine falsche oder fehlende Überfüllung vorliegt. Dies kann damit bereits im Vorfeld korrigiert werden.