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6.1 Vorbereitungen für das Drucken von Packmitteln

6.1.1 Zusammensetzung von Druckfarben und Beschichtungsmitteln (Flexodruck)

(Quelle: Vgl. Dr. K. Heger/Dr. F. Reichert Siegwerk Group International; Sonderdruck aus: Technik des Flexodrucks, Druckfarben im Flexodruck. Verlag Coating Thomas & Co. 3. Auflage 2004, Seite 11–26.)

Flexodruckfarben für den Verpackungsdruck bestehen hauptsächlich aus vier Komponenten: Farbmitteln, Bindemitteln, Additiven und Lösemitteln.


Abb. 6.1.1: Komponenten-Anteile in Flexodruckfarbe (Quelle: „Druckfarben im Flexodruck“)
(Quelle: Eigene Darstellung)

Farbmittel: in Druckfarben werden organische und anorganische Pigmente sowie Metallpigmente eingesetzt. Im Unbuntbereich (weiß/schwarz) sind es anorganische Pigmente wie zum Beispiel Titandioxid, Zinksulfit und Ruß (Kohlenstoff). Organische Pigmente (zum Beispiel Salzverbindungen) werden für Buntfarben verwendet. Metallpigmente: Als Bestandteile werden Metallpulver (zum Beispiel Aluminium oder Legierungen aus Kupfer und Zink) verarbeitet.

Lösemittel sind bei Raumtemperatur flüssige Substanzen, die Bindemittel, Additive und Farbmittel in flüssiger Form halten, ohne sie chemisch zu verändern. Sie müssen farblos sein, ohne Rückstand ver-dunsten und eine hohe chemische Beständigkeit aufweisen. Durch das Lösemittel wird auch die Trocknungsgeschwindigkeit der Druckfarbe reguliert. Häufig verwendete Lösemittel im Flexodruck sind Ethanol (Spiritus), Methoxypropanol und Wasser mit einem geringen Anteil Ethanol.

Bindemittel sind voll- oder halbsynthetische polymere Stoffe wie zum Beispiel Nitrocellulose, Polyamidharze und Vinyl-Polymerisate. Sie erfüllen in der Druckfarbe zwei Funktionen:
a) Übertragung der farbgebenden Komponenten auf den Bedruckstoff sowie
b) Bindung des Pigments auf dem Bedruckstoff und Verbesserung weiterer Eigenschaften wie Siegelfähigkeit, Glanz und Kaschierfähigkeit.

Additive verbessern die Eigenschaften des Bindemittels:
• Haftzusätze verbessern die Verankerung der Farbe auf Folienoberflächen.
• Wachse optimieren die Kratz- und Abriebfestigkeit des trockenen Farbfilms.
• Gleitmittel – durch diesen Zusatz werden die Oberflächengleitwerte an die Anforderung des Verpackungsmaterials angepasst.
• Antistatika setzen bei Folien die störenden elektrostatischen Aufladungen herab.
• Netzmittel und Entschäumer werden bei Wasserfarben eingesetzt, um die Benetzung auf dem Bedruckstoff zu verbessern und die Schaumbildung in der Farbe herabzusetzen.
• Weichmacher steigern die Knitterfähigkeit und erhöhen die Flexibilisierung des Farbfilms.

Wasserbasierte Flexodruckfarben
Wasserbasierende Druckfarben enthalten als Lösemittel vorwiegend Wasser; organische Lösemittel (zum Beispiel Ethanol) sind nur in kleinen Mengen (5 bis 10 Prozent) enthalten. Die Bindemittelbestandteile können im Wasser in gelöster Form oder als Dispersion (feinst verteilte Partikel) vorliegen. Um organische Bindemittel in Wasser in Lösung zu bringen, erfolgt eine Umsetzung mit einem alkalischen Verseifungsmittel (Ammoniak und Amine). Bei dieser Reaktion entsteht eine lösliche Harzseife. Bei der Trocknung ist dieser Vorgang umkehrbar und es entsteht ein Farbfilm, der gegen Wassereinwirkung beständig ist. Bei der Verwendung wasserbasierter Flexodruckfarben sind einige Besonderheiten zu beachten. Die Dispersionen sind empfindlich gegen organische Lösemittel und werden bei hoher Zugabe beschädigt. Muss die Trocknungsgeschwindigkeit erhöht oder die Bedruckstoffbenetzung verbessert werden, benötigt man als Lösemittel Ethanol. Bevor das Ethanol in die Druckfarbe geschüttet wird, sollte es mit Wasser vorverdünnt werden.
Auch die in der Farbe vorhandenen Harzseifen sind flüchtig und verdunsten während des Druckvorgangs, was sich bei längeren Druckaufträgen negativ auf die Verdruckbarkeit auswirkt. Neben der ständigen Überwachung der Farbviskosität ist dann auch eine Kontrolle des pH-Wertes notwendig.

Dispersionslacke
Diese Lacke enthalten lackbildende Substanzen, die im Wasser feinst verteilt sind. Neben Wasser (50 bis 60 Prozent) sind noch Harze, Wachse und Stabilisatoren (zum Beispiel Ammoniak) enthalten. Während des Trocknungsvorgangs verdunstet das Wasser und es entsteht ein Lackfilm, der lösemittelfrei, geruchsneutral und abriebfest ist.

Zwei-Komponenten-Farben/Lacke
Bei besonders stark lösenden Füllgütern wie zum Beispiel Seifen oder fetthaltigen Produkten sowie großer mechanischer Beanspruchung kann die Beständigkeit des Farbfilms durch die Verwendung von Zwei-Komponenten-Farben erhöht werden. Die gewünschte Eigenschaft des Farbfilms wird durch eine chemische Reaktion der Farbkomponente mit dem Härter erreicht.
Die Farben bestehen aus Farbmittel, Bindemittel, Additiven und Lösemittel. Vor der Verarbeitung wird der Farbe ein Härter zugegeben. Die Bindemittel reagieren bei der Trocknung mit dem Härter, und der auf-gedruckte Farbfilm erfüllt dann die gewünschten Eigenschaften. Zwei-Komponenten-Farben können nicht beliebig lange verwendet werden, da auch in der flüssigen Farbe eine Vernetzungsreaktion abläuft. Der Zeitraum bis zum Eindicken der Farbe wird als Topf-Zeit (10 bis 36 Stunden) bezeichnet. Nach dem Druck müssen die Farbwerke gründlich gereinigt werden, ausgetrocknete Farbreste lassen sich nur schwer entfernen.

UV-Druckfarben/Lacke
Dies sind lösemittelfreie Farben und Lacke, die aufgrund von Polymerisationsreaktionen aushärten. Die Reaktion wird durch eine UV-Bestrahlung ausgelöst.
Polymerisation (auch Polymerbildungsreaktion ist eine Sammelbezeichnung für Synthesereaktionen, die gleichartige oder unterschiedliche Monomere in Polymere überführen. Technische Polymerisations-reaktionen dienen meist der Synthese von Kunststoffen. Ein Polymer [poly' me:r] (von altgriechisch polý ‚viel‘, und méros, ‚Teil‘) ist ein chemischer Stoff, der aus Makromolekülen besteht. Die Makromoleküle ei-nes Stoffes sind aus einer oder mehreren Struktureinheiten, den sogenannten konstitutionellen Repetiereinheiten oder Wiederholeinheiten, aufgebaut. Das Adjektiv polymer bedeutet entsprechend „aus vielen (gleichen) Teilen aufgebaut“.

Die Farben bestehen aus den folgenden Bestandteilen:
• Bindemittel, bestehen aus flüssigen Kunststoffen (Monomere und Oligomere),
• Reaktionsverdünner
• Fotoinitiatoren und Aktivatoren
• Additive
• Pigmente

Nachdem die Farben auf dem Bedruckstoff aufgetragen sind, werden sie mit UV-Licht bestrahlt. Das Einwirken der UV-Strahlung bewirkt eine Polymerisation der Bindemittel, dabei entsteht eine feste kunststoffartige Schicht, die eine hohe chemische Beständigkeit und gute Siegelbeständigkeit aufweist.

→ Exkurs: Gleichmäßige Verteilung der Druckfarbenbestandteile
Bei wasser- und lösemittelbasierten Farben könnte es zu einer Entmischung der Farbestandteile in der Lösung kommen. Deshalb wird die Farbe im Druckprozess durch einen Kreislauf ständig in Bewegung ge-halten. Dies kann durch einen Umlauf der Farben vom Farbbehälter zum Druckwerk/Farbauftrag und den Rücklauf der überschüssigen Farben zurück in den Farbbehälter erreicht werden. Die Farbviskosität kann durch Zugabe von Ethanol oder Wasser eingestellt werden. Siehe Kapitel über wasserbasierte Flexodruckfarben.

 

Übersicht: Trocknungsarten von Druckfarben
PhysikalischChemisch-physikalischChemisch
VerdunstenWegschlagen/OxidationOxidation
Wegschlagen Polymerisation (UV-Trocknung)
Verdampfen  

Farben im Tief-, Flexo-, Sieb- und Rollenoffsetdruck trocknen physikalisch (Abdunsten/Abbinden). Farben im Bogenoffsetdruck trocknen chemisch/physikalisch (Oxidation/Abdunsten/Abbinden).

Bei der physikalischen Trocknung mit Lösemittel muss gewährleistet sein, dass die Abluft (verdunstetes Lösemittel) nach dem Verdunstungsprozess nicht in die Umwelt gelangt, sondern fachgerecht in speziellen Anlagen entsorgt wird. Aus dieser Abluft kann beispielsweise in einer Entsorgungsanlage durch eine thermische Verwertung Wärmeenergie gewonnen werden. Diese Wärmeenergie kann, über einen Thermoölkreislauf, dann wieder der Produktion für Heizsysteme zur Verfügung gestellt werden.

→ Exkurs: Trocknung von Druckfarben und die Begriffe „Wegschlagen“, „Abdunsten“ und „Abbinden“

Das Wegschlagen ist ein Teil des Trocknungsprozesses der Druckfarbe auf dem Papier. Unter Trocknung ist der Übergang der Druckfarbe von einem pastösen oder fl üssigen in einen festen Zustand zu verstehen. Dieser Vorgang vollzieht sich im Bogenoffsetdruck in zwei Phasen:

• das physikalische Wegschlagen (Mineralöle und Bindemittel ziehen in das Papier ein). Daher kommt es bei den ohnehin schon hochviskosen Druckfarben noch mal zu einer Erhöhung der Viskosität. Der gedruckte Farbfilm geliert und „steht“. Zurück bleibt ein wischfester, aber noch nicht nagelharter Druckfarbenfilm.

• chemische Oxidation durch Aufnahme von Luftsauerstoff. Nach diesem chemischen Vorgang bildet sich abschließend ein nagelharter, scheuerfester Druckfarbenfilm. Der Trocknungsvorgang kann – je nach Farbtyp und vor allem Bedruckstoff – mehrere Stunden dauern. Durch spezielle Trockenstoffe ist es möglich, die oxidative Trocknung zu beschleunigen. Kobalt-, Blei- und Mangansalze dienen dabei als Reaktionsbeschleuniger, die die Sauerstoffaufnahme der Bindemittel fördern.

Das Wegschlagverhalten beeinflusst Stapelverhalten, Aufbauen, Weiterverarbeitungszeit und Glanz. Jedes Papier hat ein anderes Wegschlagverhalten gegenüber einer Druckfarbe. (Quelle: https://www.f-mp.de/expertenteam-papier/papierlexikon/wegschlagen)

Abdunsten oder auch Ablüften bezeichnet das teilweise oder völlige Verdunsten der flüchtigen Anteile von Lacken. Nach dem Abdunsten ist die Filmbildung beendet, und es kann eine weitere Beschichtung aufgebracht werden. (Quelle: https://oberflaeche.de/wiki/begriff/abdunsten/)

Abbinden bezeichnet ganz allgemein den Übergang vom flüssigen oder pastenförmigen in den festen Zustand. Dies kann physikalisch (zum Beispiel durch Verdunsten von Lösemitteln oder Wasser), chemisch (zum Beispiel durch Oxidation oder Polymerisation) oder auf kolloidchemischem Wege (zum Beispiel durch Ausfällen einer Dispersion) geschehen. (Quelle: www.pigrol.de)
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