Lehren und Lernen

From 70/20/10 to 90/10

Weiterbildungsblog - 7. Oktober 2025 - 15:41

Philippa Hardman stellt wieder eine These in den Raum: „This week I want to share a hypothesis I’m increasingly convinced of: that we are entering an age of the 90/10 model of L&D.
90/10 is a model where roughly 90% of “training” is delivered by AI coaches as daily performance support, and 10% of training is dedicated to developing complex and critical skills via high-touch, human-led learning experiences.“

Dahinter steckt die Idee, dass man sich Arbeitsprozesse und Aufgaben anschaut und dann entscheidet,
– welche Aufgaben zukünftig ganz von der KI übernommen werden,
– welche Prozesse von der KI unterstützt werden („co-create“, „augment“) und
– hinter welchen Aufgaben „future skills“ stehen, die wir entwickeln müssen, um im KI-Zeitalter zu performen.

In ihrem Beitrag führt sie diesen Gedanken weiter aus.

Zwei Anmerkungen: Dieses 90-10-Modell ist sehr plausibel und schließt an die Stimmen an, die seit Jahren „Performance Support“ als eine neue und erfolgskritische Aufgabe von L&D sehen. In der Praxis liegt die Herausforderung jedoch genau in dem damit verbundenen Rollenwandel: „L&D’s attention shifts from creating content about the work to designing the work itself.“ Das ist mehr als anspruchsvoll!
Philippa Hardman, Dr Phil’s Newsletter, 2. Oktober 2025

Bildquelle: Philippa Hardman

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AI First KM – Wissensmanagement im KI-Zeitalter

Weiterbildungsblog - 6. Oktober 2025 - 13:58

Simon Dückert (Cogneon) versucht in diesem Beitrag, Wissensmanagement und KI zusammenzubringen. Wobei es ihm nicht um Beispiele und Anekdoten geht (da kann heute jede/r sicher sofort etwas beisteuern), sondern um einen systematischen Blick auf die Kernprozesse des Wissensmanagements. Die werden kurz aufgezählt, aber dann wiederum pragmatisch auf die großen Bausteine „Wissen schaffen“ und „Wissen nutzen“ heruntergebrochen und anschließend mit ersten Ideen und einer Einladung zu einer Blogparade verknüpft.

„In der Nutzung von bestehendem, dokumentierten Wissen sehe ich aber ein noch viel größeres Potential. Ein großes Sprachmodell (LLM) kann man sich vorstellen, als eine komprimierte Version des dokumentierten Weltwissens (Internet, Bücher, wissenschaftliche Artikel, Diskussionen uvm.). Ähnlich der GE-Boundaryless-Initiative von Jack Welsh mit dem Ziel eine „grenzenlose Organisation“ zu entwickeln, holt man sich als Organisation mit einem LLM das dokumentierte Wissen und die „Weisheit der Vielen“ in die Organisation. Somit hat man die Möglichkeit, sich viel mehr auf das kritische Wissen zu konzentrieren, dass die eigene Organisation vom Wettbewerb unterscheidet. Und während sich Villabajo noch mit dem Management von unkritischem Allgemeinwissen herumschlägt, hat Villariba schon den Vorsprung durch den fokus auf das kritische Wissen.“
Simon Dückert, Cogneon, 28. September 2025

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AI in L&D: The Race for Impact

Weiterbildungsblog - 2. Oktober 2025 - 11:06

Donald H Taylor und Eglė Vinauskaitė haben gerade ihre dritte „AI in L&D“-Studie veröffentlicht. Sie enthält wieder die Ergebnisse einer Umfrage unter L&D-Professionals, eine Reihe von Case Studies und ein Framework, das verschiedene Optionen für L&D aufzeigt, mit diesen Veränderungen umzugehen. 58 Seiten insgesamt.

Blickt man auf die Ergebnisse, so zeigen sich folgende große Linien: Zum einen ist KI im Alltag der Bildungsmanger:innen und -expert:innen endgültig angekommen: „This year L&D passed an inflexion point, with over half of survey respondents now saying they use AI.“ Das ist wenig überraschend.

Zum anderen liegt der Schwerpunkt der KI-Nutzung im Arbeitsalltag unverändert auf der Entwicklung von Lernmaterialien („production of learning content“). Auch das ist ein bekanntes Bild. Dem versuchen Donald H Taylor und Eglė Vinauskaitė (seit der ersten Studie) entgegenzuarbeiten, in dem sie in ihren Case Studies Unternehmen zu Wort kommen lassen, die KI-Tools nutzen, um komplexere Lernumgebungen umzusetzen. Vor diesem Hintergrund sind sie überzeugt, „a definite trend towards more complex uses of AI in L&D“ beobachten zu können.

Die Studie, die man im Tausch für Name und Email erhält, enthält noch weitere Details, streift einige Trends, die aus den offenen Antworten der Studienteilnehmer:innen gelesen werden, und nimmt auch das Stichwort „AI Agents“ kurz auf. 

Sehr nützlich habe ich das Kapitel empfunden, in dem die einzelnen Einsatzschwerpunkte von KI kurz vorgestellt werden. Das verschafft einen guten Überblick über die Möglichkeiten und das Potenzial von KI.
Donald H Taylor und Eglė Vinauskaitė, September 2025 

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WissensTransferCamp 2025

Weiterbildungsblog - 1. Oktober 2025 - 16:17

Am 18. September 2025 fand in der Cogneon Akademie in Nürnberg (und Online) das zweite WissensTransferCamp (#wtc25) statt. Wer (wie ich) nicht dabei sein konnte, kann jetzt auf die Dokumentation des Camps zugreifen: Das sind im Kern 12 Sessions, die sowohl als Aufzeichnung als auch in Form einer KI-gestützten schriftlichen Zusammenfassung zur Verfügung stehen. Eine tolle Ressource!

Im Mittelpunkt des BarCamps standen vor allem Fragen und Erfahrungen zum Einsatz von KI in Prozessen des Wissenstransfers (bzw. Expert Debriefing). Hier ein Überblick über die angebotenen Sessions:


Cogneon, Copedia, September 2025

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Nicht alles glauben, was KI sagt

Weiterbildungsblog - 30. September 2025 - 20:47

Idealerweise prüft man automatisch, was einem KI-Tools präsentieren, bevor man mit den Ergebnissen weiterarbeitet oder sie gar veröffentlicht. Wer sich unsicher ist, was „überprüfen“ genau meint, kann einfach dem PRÜFE-Framework folgen, das Barbara Geyer (HAW Burgenland) entwickelt hat. Es besteht aus fünf Schritten und kurzen Erläuterungen: Plausibilität, Recherche, Überzeugungen hinterfragen, Falsifizieren und Entscheiden.

„Die fünf Schritte bieten eine Struktur, die sich lernen und üben lässt, aber flexibel an den jeweiligen Kontext angepasst werden kann. Sie ersetzen nicht das tiefe Nachdenken, sondern leiten es systematisch an. In einer Zeit allgegenwärtiger KI-generierter Inhalte benötigen wir nicht weniger, sondern methodisch angeleitetes kritisches Denken – auch dort, wo unsere Expertise endet.“
Barbara Geyer, KI in Lehre und Weiterbildung, 29. September 2025

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Lernen neu denken: Der Weg zur erfolgreichen Lernreise

Weiterbildungsblog - 30. September 2025 - 18:58

Man kann Peer Learning-Formate beschreiben und dabei den Fokus auf die Learning Circles (Lerngruppen) legen, wie Nele Graf und Ursula Liebhart es in ihrem aktuellen Buch tun. Man kann aber auch den Aspekt der gemeinsamen Lernreise in den Vordergrund rücken. So hat es Herwig Kummer in seinem Impuls im Rahmen des CLC Lunch&Learn getan, den Gastgeber Joachim Niemeier hier ausführlich zusammenfasst.

Interessant: Herwig Kummer unterscheidet drei Formen der Lernreise:

Stadtführung – die strukturierte Variante
Klar definierte Lernpfade mit Wochenplänen und Übungen. Ideal für Einsteiger*innen, die Orientierung suchen. Beispiele: LernOS, Working Out Loud. …

Safari – die flexible Entdeckungsreise
Der Rahmen ist abgesteckt, aber die Route ergibt sich situativ. Themen und Reihenfolge wählt die Gruppe flexibel – abhängig von Interessen und Gelegenheiten. …

Expedition – die offene Reise ins Unbekannte
Eine Vision oder Leitfrage gibt die Richtung vor. Die Gruppe gestaltet Inhalte, Ablauf und Rollen selbst. Besonders geeignet für erfahrene Peer-Learner.“
Joachim Niemeier, Corporate Learning Community/ Blog, 7. September 2025

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Podcasting an Hochschulen: Was Audioformate für die Wissenschaft leisten können

Weiterbildungsblog - 30. September 2025 - 14:27

Die Hamburg Open Online University (HOOU) feiert ihr zehn-jähriges Jubiläum (wie die Zeit vergeht!). In diesem Zusammenhang ist auch die Broschüre „10 Jahre HOOU – 10 Stimmen zum Podcasting“ entstanden (43 S.). Hier reflektieren die Autor:innen die gelebte Podcast-Praxis an der HOOU und die Erfahrungen, die sie gerade auf dem Feld der Wissenschaftspodcasts in den letzten Jahren sammeln durften. Es geht unter anderem um Diversität im Podcasting, verschiedene Podcasting-Formate und rechtliche Anforderungen. Es gibt zudem einen Bericht aus dem HOOU-Podcast-Labor mit Empfehlungen zur Podcast-Entwicklung. Und es wird, natürlich, von ersten Experimenten mit der Einbindung von KI-Tools berichtet („Wie echt klingt KI?“). Lesenswert. 
Meena Stavesand, HOOU/ News, 1. September 2025 

Bildquelle: Videodeck.co (Unsplash)

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Lernen liebt Wissen

Weiterbildungsblog - 29. September 2025 - 20:29

Ich hinke in diesen Tagen – im doppelten Sinne und nicht nur an dieser Stelle – den Ereignissen hinterher. Denn schon im August hat Harald Schirmer unter dem Dach der Corporate Learning Community zur Teilnahme an einer Blogparade aufgerufen („Lernen liebt Wissen – Blogparade“). Der Anlass der Blogparade bildet das 21. KnowledgeCamp der Gesellschaft für Wissensmanagement (GfWM), das am 23./ 24. Oktober 2025 in Berlin stattfindet. 

Den Startschuss gibt hier Harald Schirmer selbst. Eine seiner Botschaften: „In Netzwerken wächst Wissen durch lernen und sharing exponentiell“. Auch ein Grund, am aktiven Netzwerken mit den Communities von CLC und GfWM in Berlin teilzunehmen.
Harald Schirmer, Blog, 26. August 2025

Bildquelle: Harald Schirmer

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Handlungsorientiertes Lernen & Trainieren in simulierten Situationen: 12. SCIL Trend- & Community Day 2025

Weiterbildungsblog - 29. September 2025 - 8:59

Simulationen und Rollenspiele haben seit Jahren einen festen Platz in der Aus- und Weiterbildung. Da sie sich aber oft an kleinere Zielgruppen mit spezifischen Themen wenden und in der Entwicklung als aufwändig und teuer gelten, laufen sie meist irgendwie mit. Könnte der Einsatz von generativer KI an diesem Befund etwas ändern?

Der 12. SCIL Trend- & Community Day in St. Gallen hat sich genau diese Frage gestellt: „Werkzeuge generativer KI ermöglichen mehr Effizienz und Qualität bei der Entwicklung von Lernumgebungen. Gilt dies auch für Simulationen und Rollenspiele? Können solche hochgradig wirksamen Lernumgebungen jetzt einfacher für verschiedenste Zielgruppen und Szenarien verfügbar gemacht werden? Und wie können Realisierung und Bereitstellung umgesetzt werden?“

In seiner Zusammenfassung des „Trend- & Community Days“ führt uns Christoph Meier durch den Ablauf des Tages. Es wurden aktuelle Forschungs- und Entwicklungsarbeiten vorgestellt, anschließend auf einem Marktplatz erste Lösungen für handlungsorientiertes Lernen auf Basis von generativer KI präsentiert und anschließend von den Teilnehmenden in Gruppenarbeit direkt weitergedacht.

In den Beiträgen zeigt sich eine große und beeindruckende Vielfalt an Entwicklungen. Allerdings wird häufig angemerkt, dass eine realistische, emotionsgetreue Nachbildung von Gesprächssituationen heute noch an Grenzen stößt. In seinem Fazit zeigt sich Christoph Meier trotzdem verhalten optimistisch: 
„- Die Entwicklungen im Bereich GenKI-basierter Rollenspiele und Simulationen gehen schnell voran …
– Die Bandbreite der Lösungen ist gross …
– Die Lösungen beeindrucken und sind entwicklungsfähig …
– Verschiedene Ausprägungen von Rollenspielen und Simulationen in Lerndesigns integrieren …
– Technische Lösungen UND didaktisches Design …“
Christoph Meier, LinkedIn, 23. September 2025 

Bildquelle: SCIL

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Sommerpause – verlängert

Weiterbildungsblog - 22. September 2025 - 18:30

Eigentlich sollte es hier schon lange weitergehen. Aber mit dem Ende der Sommerpause hat der Schreiber dieser Zeilen – etwas unfreiwillig – einen direkten Weg vom Fahrradsattel zum Asphalt versucht. Mit schmerzhaften Folgen, die auskuriert werden wollen. Bitte also noch um etwas Geduld …   

Bildquelle: Elena Obilets (Unsplash)

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Review: Die Kraft der Learning Circles: Umsetzung, Wirkung und Einsatzmöglichkeiten

Weiterbildungsblog - 8. September 2025 - 18:40

Der Umfang des Buches, das vorweg, mag irritieren: 392 Seiten über Learning Circles, über ein Konzept von Peer Learning, das auf dem selbstorganisierten Lernen mit- und voneinander aufbaut? Braucht es wirklich so viele Informationen, um mit dem Lernen ohne Trainer:innen und Referent:innen loszulegen? Die beiden Autorinnen, Nele Graf und Ursula Liebhart, sind schon viele Jahre auf vielen Feldern und in unterschiedlichen Netzwerken der Personalentwicklung aktiv und wollen mit dieser Studie nichts dem Zufall überlassen. Leser:innen sollen in die Lage versetzt werden, Learning Circles nicht nur zu verstehen, sondern auch erfolgreich umzusetzen.

Zum Inhalt des Buches

Das Buch ist in sechs Kapitel aufgebaut. Der Einstieg des ersten Kapitels („Learning Circles – zukunftsweisendes Lernen für alle“) ist mir gleich sehr sympathisch: „Sieht man sich die derzeitigen Diskussionen zu Lernen in organisationalen Kontexten an, so scheint es genau zwei Antworten auf alles zu geben: Künstliche Intelligenz und kollaboratives Lernen.“ (S. 19)

Was folgt, ist eine Standortbestimmung von Learning Circles: Wir erfahren,

  • was Learning Circles sind: freiwillige Lerngruppen mit Teilnehmenden, die individuelle oder gemeinsame Ziele erreichen wollen, die sich mit ganz unterschiedlichen Themen beschäftigen, aber in einem zeitlich befristeten Rahmen, zuweilen angeleitet durch einen Leitfaden und/ oder eine Moderation;
  • wie Learning Circles beim Erwerb von den so wichtigen Zukunftskompetenzen/ Future Skills unterstützen können;
  • wie sie am besten als Formen des agilen Lernens verstanden und umgesetzt werden;
  • und wie sie untrennbar mit der Entwicklung einer lernförderlichen Unternehmenskultur verbunden sind bzw. auf diese einzahlen.

In diesem einleitenden Kapitel wird zugleich ein zentrale Botschaft des Buches betont: Das Konzept der Learning Circles lebt von seinen Anpassungen und Ausgestaltungen (und so erklärt sich auch der Umfang des Buches!). Man muss das Konzept, will man es erfolgreich einführen, an den eigenen Kontext, die eigene Zielgruppe und die eigene Lernkultur anpassen. Dafür stehen die 16 Parameter (!) mit unterschiedlichen Ausprägungsvarianten, die in einer zentralen Übersicht vorgestellt werden (S. 33).

Das zweite Kapitel, „Learning Circles in verschiedenen Epochen, Kulturen und Kontexten – ein Überblick“, zählt verschiedene Konzepte und Beispiele von Learning Circles auf – von der Peer-2-Peer University bis zu Learning Circles bei Mircosoft und SAP. Dann werden die heute bekanntesten Modelle vorgestellt: Working Out Loud (WOL), lernOS und LearningOutLoud (LOL). Dabei werden WOL und LOL als „kommerzielle Konzepte“ von lernOS abgegrenzt. LOL, das sei kurz angemerkt, begegnet mir in der Praxis nur selten.

Damit haben die Autorinnen die Voraussetzungen geschaffen, um auf struktureller, prozessualer und normativer Ebene noch einmal die wichtigsten Merkmale von Learning Circles festzuhalten. Kurze Exkurse, beispielsweise zum Action Learning, zum erfahrungsbasierten Lernen und zur psychologischen Sicherheit, ergänzen das Kapitel. Lediglich einen Exkurs zu anderen Methoden des Peer Learnings wie Communities of Practices, Barcamps, cMOOCs und Peer-to-Peer-Sessions habe ich vermisst.

Ich muss an dieser Stelle allerdings auch kurz erwähnen, dass mich das Wort „demokratisch“, das hier und an vielen weiteren Stellen des Buches gebraucht wird, um das Miteinander in Learning Circles zu beschreiben, im Kontext von Unternehmen und Organisationen immer etwas irritiert.

Das dritte Kapitel („Learning Circles gestalten und managen“) bildet das Herzstück des Buches. Es liefert das Rüstzeug, um Learning Circles Schritt für Schritt in die eigene Organisation einzuführen. Grundlage bildet ein Prozessmodell, das aus fünf Kernphasen besteht: „Von der Idee zur Entscheidung“, „Von der Entscheidung zum Design“, „Elemente einer Begleitung“, „Feedback einholen und Evaluation vorbereiten“ und „Zukunft von Learning Circles: Skalierbarkeit der Ergebnisse“.

Es würde den Rahmen dieser Zusammenfassung sprengen, auf jeden Prozessschritt und jedes Kapitel dieses Modells einzugehen. Deshalb nur einige Anmerkungen:

  • Die Autorinnen empfehlen Personen, die Learning Circles in ihren Organisationen starten wollen, sie „zunächst einmal als Teilnehmende zu erleben, um die Wirkung selbst zu erfahren und authentische Erzählungen liefern zu können“ (S. 101) Das kann man nur unterstreichen.
  • Sehr nützlich ist die Stakeholder-Matrix für Learning Circles (S. 133), um mit geeigneten Maßnahmen Teilnehmende, Führungskräfte, Management, Kolleg:innen, Betriebsrat, IT und Marketing ins Boot zu holen.
  • Facilitator:innen können Learning Circles und ihre Mitglieder unterstützen. Wie die Unterstützung aussehen kann, wird mit den Rollen „Support“, „Mediation“, „Lerncoach“ und „Content Curation“ ausgeführt (S. 155ff.).
  • Leitfäden spielen, vor allem im Rahmen von WOL und lernOS, eine zentrale Rolle für das Lernen in Learning Circles. Zwei Leitfäden werden in Ausschnitten vorgestellt. Gerade die Frage der Leitfäden, Lernmaterialien und Lerninhalte hätte noch etwas ausführlicher dargestellt werden können. Welche Möglichkeiten und Wege werden abseits von WOL und lernOS heute in der Praxis beschritten?
  • Interessant ist der Hinweis, aus den Learning Circles und den Teilnehmenden eine Community of Practice zu entwickeln, um die Effekte von Learning Circles zu verstetigen (S. 252).

Das vierte Kapitel wechselt schließlich die Perspektive: „Mitmachen und mitgestalten: Learning Circles aus Sicht der Teilnehmenden“. Wie finde ich als Lernender den richtigen Circle, wie setze ich meine Ziele, wie bewege ich mich von Woche zu Woche vorwärts bis zu dem Punkt, wo ich schließlich meinen Lernprozess und Lernerfolg reflektiere.

Dieses Kapitel bringt einige neue Punkte ins Spiel (es enthält auch Redundanzen), aber ich habe zwei grundsätzliche Anmerkungen:

  • Ich habe kurz überlegt, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, die Zielgruppe des Buches, die Personalentwickler:innen im weitesten Sinne, hier explizit als Lernende anzusprechen, um den Perspektivwechsel des Kapitels nachvollziehbarer zu gestalten.
  • Zum anderen wird spätestens an dieser Stelle die Darstellung des Lernprozesses sehr komplex. Die Autorinnen stellen das Lernen in Circles als „Lernsprint“ vor, der sich im Wochenrhythmus zwischen Sprintzielen, Sprintplanung, Action, Inkrements und Retros bewegt. Jetzt bringen die WOL- und lernOS-Leitfäden ja schon eine eigene Lerndramaturgie und -didaktik mit, die nicht zwangsläufig eine weitere Einbettung in Lernsprints benötigt. Hier holen die vielen Ausgestaltungsmöglichkeiten von Learning Circles die Autorinnen ein, und das Format wird am Ende doch aufwändiger dargestellt als es sein muss.

Auf die beiden abschließenden Kapitel fünf („Den Erfolg sichern und sichtbar machen – von Risikomanagement über systematische Evaluierung bis zur Kommunikation“) und sechs („Neueste Entwicklungen zu Lernzirkeln“) will ich nur kurz eingehen. Zuerst geht es um die Herausforderungen, die mit der Einführung von Learning Circles verbunden sind. Viele kreisen um das, was die Autorinnen eine „Krux“ nennen: „Learning Circles bedürfen schon in Grundzügen eines neuen Lernverständnisses, das sich durch die Learning Circles allerdings erst herausbilden soll.“ (S. 321)

Ansonsten ist die Forschungslage zur Evaluation agiler Lernformate einfach noch sehr dünn und herausfordernd (selbstorganisiertes Lernen!). Zu den „neueren Entwicklungen“ rund um Learning Circles zählen die Autorinnen die „künstliche Intelligenz, die auf mehreren Ebenen die Gestaltung von Learning Circles unterstützen kann“ (aber noch nicht als Circle-Teilnehmende!), die „Integration von Learning Circles in größere Lernreisen“ (interessant!), sowie „die Nutzung der Frameworks der Learning Circles für einen sehr offenen und dynamischen Lernprozess ohne Rahmenthemen“ (S. 361).

Das Buch besteht noch aus vielen weiteren Bausteinen, die seinen Nutzen für Praktiker:innen und seinen Anwendungsbezug unterstreichen. Dazu gehören über ein Dutzend Fallstudien und Deep Dives, zum Beispiel von RHOMBERG BAU Wien, Robert Bosch, DATEV und Bayer. Unzählige Vorlagen („Lernhacks“) unterstützen die Umsetzung. An ihnen haben weitere Autor:innen mitgewirkt.

Mein Fazit:

Mit „Die Kraft der Learning Circles“ liegt jetzt ein umfassendes Handbuch zum Thema vor, das alle Fragen und Prozessschritte aufnimmt, die mit dem Format, der Einführung und der Auswertung von Learning Circles verbunden sind. Es steht für mich gleich neben dem Praxishandbuch „Barcamps & Co.“, das Jöran Muuß-Merholz 2019 geschrieben hat.

Und erfahrene Personalentwickler:innen werden wissen, wo sie auf die Lernkompetenzen ihrer Zielgruppen vertrauen und als Facilitators im Hintergrund bleiben können. Für sie gilt die abschließende Einschätzung der Autorinnen nicht zwangsläufig: „Die Einführung von Learning Circle-Initiativen ist für deren Initiator:innen in der Regel wesentlich aufwändiger, als es der selbstgesteuerte und eigenverantwortliche Charakter der Methodik zunächst nahelegt: Learning Circles sind hochgradig erklärungsbedürftig … „ (S. 363)

Nele Graf, Ursula Liebhart (2025): Die Kraft der Learning Circles: Umsetzung, Wirkung und Einsatzmöglichkeiten. Verlag Franz Vahlen: München

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Sommerpause

Weiterbildungsblog - 11. August 2025 - 9:58

Der Weiterbildungsblog geht bis Ende August in die Sommerferien. Ich wünsche allen eine schöne, erholsame Zeit! Bleibt/ Bleiben Sie gesund!

Jochen Robes

Bildquelle: Sapan Patel (Unsplash)

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Future Skills Commons – Wir starten!

Weiterbildungsblog - 9. August 2025 - 20:28

Der Startschuss gilt einem neuen Vergleichsportal, das NextEducation und die Future Skills Alliance entwickelt haben. Es nennt sich futureskills4u.org. Ulf-Daniel Ehlers (NextEducation) schreibt darüber: „Unser Ziel: Future-Skills-Ansätze, Kompetenzlisten und Studien transparent, navigierbar und für alle zugänglich machen – im Bildungsbereich, in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft.“

Wenn ich es richtig sehe, sind es derzeit acht Kompetenzlisten, die man steckbriefartig aufgenommen und eingeordnet hat: Future Skills 2030 (Agentur Q), Kompetenzen für morgen (Bertelsmann Stiftung), ETH Zürich Kompetenzraster, MarSkills (Philipps-Universität Marburg), Future Skills 2021 (Stifterverband/ McKinsey & Company), Future Skills (Pechstein & Schwemmle), Future Skills Concept (SBW Haus des Lernens), Future of Jobs Report 2025 & Global Skills Taxonomy (World Economic Forum).

Zum Portal gehören ein Kompetenznavigator und ein Konfigurator, mit dem man sich seine eigene Future Skills-Liste zusammenstellen kann. Vielleicht liegt es an den Nachrichten, die in diesen Tagen kursieren, aber irgendwie habe ich hier spontan auch einen Chatbot erwartet, mit dem ich in einen persönlichen Dialog über Future Skills treten kann.
Ulf-Daniel Ehlers, LinkedIn, 09. August 2025 

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#137 Dr. Daniel Stoller-Schai – Selbstorganisiertes Lernen in einer KI-geprägten Welt

Weiterbildungsblog - 7. August 2025 - 15:12

Ich habe mir gerade den Podcast angehört, den Yvo Wüest (als Gastgeber) und Daniel Stoller-Schai zusammen aufgenommen haben (37:13 Min.). Aufhänger ist natürlich das Buch, das Daniel Stoller-Schai und Werner Sauter veröffentlicht haben („Selbstorganisiertes Lernen mit generativer KI“). Die Kernthesen des Buches werden hier kurz aufgenommen, diskutiert und um einzelne Tipps ergänzt. Yvo Wüest bietet uns folgende Gliederung an:

„- Warum selbstorganisiertes Lernen mehr ist als ein Buzzword
– Wie der sokratische Dialog mit KI neue Lernräume öffnet
– Den »Dreiklang des Lernens«: Allein, mit KI, mit anderen
– Wie Bildungsprofis Lernprozesse begleiten, ohne sie zu steuern
– Und warum Ethik, Datenschutz und Reflexion in der KI-Nutzung unverzichtbar bleiben“

Beim Stichwort „sokratischer Dialog“, das im Gespräch mehrmals fällt, hätte sich natürlich ein Blick auf den Study Mode von ChatGPT angeboten. Aber die Aufnahme fand wahrscheinlich noch vor Veröffentlichung statt. Und, ja, das Buch von Daniel Stoller-Schai und Werner Sauter liegt auch noch auf meinem Stapel …
Yvo Wüest, Gespräch mit Daniel Stoller-Schai, Education Minds – Didaktische Reduktion und Erwachsenenbildung, 7. August 2025 (via LinkedIn)

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So gelingt der Wissenstransfer

Weiterbildungsblog - 6. August 2025 - 13:21

Gudrun Porath nimmt in diesem Artikel viele Stichworte auf. Ihr Einstieg: Durch den demografischen Wandel und das Ausscheiden der Babyboomer aus dem Arbeitsprozess geht Wissen verloren. Vor allem Erfahrungswissen. Das sollte Wissensmanagement auf die Tagesordnung setzen und zu einer strategischen Aufgabe machen. Führungskräfte spielen dabei eine wichtige Rolle. Und Technologien, allen voran die KI, können helfen.

Das funktioniert jedoch in der Praxis mehr schlecht als recht. Meist werden Unternehmen gar nicht oder zu spät aktiv. Von der Einbettung eines kontinuierlichen Erfahrungsaustauschs im Arbeitsalltag ganz zu schweigen. Im Artikel werden diese Beobachtungen durch verschiedene Konzepte und zahlreiche Beispiele gestützt. Und, bitte nicht wundern, ich werde auch zitiert.

Am Ende folgen sechs Empfehlungen für die Praxis, die ich auch mit gutem Gewissen unterschreiben kann:
„1. Priorisieren statt alles erfassen … 
2. Implizites Wissen sichtbar machen … 
3. Tools sinnvoll einsetzen …
4. Verantwortung klären …
5. Teilhabe ermöglichen …
Wissen zu teilen muss einfach sein – technisch und sozial. Eine offene Lernkultur, niederschwellige Formate und regelmäßiger Austausch schaffen Vertrauen und senken Hemmschwellen.
6. Wirkung reflektieren …“
Gudrun Porath, Haufe.de, 1. August 2025

Bildquelle: Markus Winkler (Unsplash)

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The Day MOOCs Truly Died: Coursera’s Preview Mode Kills Free Learning

Weiterbildungsblog - 5. August 2025 - 21:26

Ich glaube, in Corporate Learning ist der Begriff „MOOC“ (Massive Open Online Course) heute nur noch einer Handvoll von Expert:innen bekannt. Und wahrscheinlich sind diese Teil der Corporate Learning Community, aber das nur am Rande. Wenn Dhawal Shah, der aufmerksame Chronist der MOOC-Entwicklung, sich erst jetzt von der MOOC-Idee und dem Begriff verabschiedet, dann bezieht er sich auf den jüngsten Schritt von Coursera. Denn Coursera, so Dhawal Shah, war der Anbieter, der bis zuletzt noch einen freien Zugriff auf viele Kursinhalte erlaubte (die Zertifikate und andere Features kosten natürlich auch hier etwas). Jetzt kann man offensichtlich nur noch im Preview Modus auf das erste Modul eines jeweiligen Kurses zugreifen.

Jedenfalls nutzt Dhawal Shah diese Gelegenheit, um die MOOC-Entwicklung seit 2011 noch einmal in wenigen Absätzen zusammenzufassen. Hier ein kleiner Auszug:

„In many ways, yes. Major platforms stopped using the term “MOOC” to describe their courses years ago. The term had been fading, a decline accelerated by 2U’s acquisition of edX and subsequent bankruptcy. FutureLearn’s acquisition by Global University Systems further consolidated the market.

This left Coursera as the last major independent player — the largest platform and the one with the most generous free access policy. 

MOOCs never achieved the transformative potential promised during the early hype. The movement lost its way as monetization increasingly took precedence over accessibility. …

With Preview Mode’s implementation, that spirit finally dies. MOOCs, as originally conceived, are now truly dead.“
Dhawal Shah, The Report by Class Central, 28. Juli 2025

Bildquelle: Dhawal Shah

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Learning Is Slower Than You Think — And That’s the Point

Weiterbildungsblog - 4. August 2025 - 17:14

Der Artikel hat noch einen Untertitel: „What AI-optimized schools misunderstand about learning“. Und auch wenn das schulische Lernen Heranwachsender hier im Zentrum steht, lohnt die Lektüre. Der Autor setzt jedenfalls ein großes Fragezeichen hinter adaptive, personalisierte, also KI-gestützte, und damit effizientere Lernprozesse. Nicht, dass es nicht viele gute Gründe gibt, bestehende Bildungsinstitutionen und Lernprozesse zu verbessern. Aber zum einen braucht Lernen Zeit (das wird im Artikel noch viel schöner, ausführlicher und treffender beschrieben!) und zum anderen glaubt er nicht, dass man einen Teil des Lernens optimieren kann, ohne dass es nicht auch Konsequenzen für den anderen Teil – das Lernen in Projekten, in der Praxis, usw. – bedeutet (via Doug Belshaw).

„Learning isn’t just acquiring knowledge — it’s rebuilding understanding. And in that process, friction isn’t a flaw. It’s the way.“
Nisheeth Vishnoi, The Intelligence Loop, 29. Juli 2025

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Encyclopedia of note taking apps

Weiterbildungsblog - 4. August 2025 - 8:57

Simon Dückert wies kürzlich auf diese nützliche Übersicht über Note Taking-Apps hin. Sie umfasst neben den üblichen Verdächtigen (Obsidian, Evernote, OneNote, Notion usw.) viele weitere Tools, ist aktuell, informiert über Features und bietet direkte Vergleiche an – kurz: „Screenshots, feature lists, and pricing for popular note taking apps“. By the way, mein derzeitiger Favorit ist Obsidian.


NoteApps.info, August 2025

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Persönliches Wissensmanagement

Weiterbildungsblog - 1. August 2025 - 18:39

Dirk Liesch und Gabriele Vollmar, die Gastgeber:innen des WMOOCs, sind offensichtlich immer noch dabei, für die nächste Auflage ihres Kurses im Herbst einige Artikel neu zu verfassen oder bestehende zu überarbeiten. Beim vorliegenden Beitrag zum „persönlichen Wissensmanagement“ fällt erst einmal auf, dass viele Quellen schon zehn oder 20 Jahre alt sind. Aktuelle Verweise finden sich nicht. Es gibt Hinweise zu den Aspekten und Methoden des persönlichen Wissensmanagements, den Verweis auf einen Überblick über IT-Tools (2013) und einige weiterführende Materialien. 

Was man noch ergänzen könnte: das Seek>Sense>Share-Modell von Harold Jarche, das regelmäßig als Referenz für PKM (Personal Knowledge Mastery) herangezogen wird; die Artikel von Simon Dückert zum Thema, die Wissensdatenbank „Obsidian“, die Ausgangspunkt vieler Überlegungen zum Thema bildet (z.B. von Ian O’Byrne).
Dirk Liesch, wissensmanagement.open-academy.com, 27. Juli 2025     

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Einführung in den Lernmodus

Weiterbildungsblog - 31. Juli 2025 - 21:17

ChatGPT hat gerade einen neuen „Study Mode“ freigeschaltet: „Eine neue Lernmethode in ChatGPT, die anstelle von schnellen Antworten eine Schritt-für-Schritt-Anleitung bietet.“ 

Ich hatte bisher nur wenig Zeit, den neuen Modus auszuprobieren. Man kann ihn in jedem Chat jetzt neben „Deep Research“, „Bild erstellen“ und „Internetsuche“ auswählen. Er ist sehr dialogisch aufgebaut, auch wenn ich noch nicht die großen Unterschiede zum „normalen“ Chat (in ChatGPT 4o) entdeckt habe. 

Nele Hirsch (eBildungslabor) hat sich auch schon etwas mit dem neuen Lernmodus beschäftigt und äußert generelle Bedenken, ob sich auf diesem Weg eine „gute, demokratisch gestaltete und digital-mündige Bildung realisieren“ lässt. 
openai.com, 29. Juli 2025

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